Neuer Corona-Risikoindex in Tschechien – Einzelhandel übt Kritik
An diesem Montag ist in Tschechien ein neuer Corona-Risikoindex in Kraft getreten. Dieser wurde von Gesundheitsminister Blatný ausgearbeitet. Der Index enthält fünf Stufen, die farblich gekennzeichnet sind – von grün für niedrig bis lila für sehr hoch.
Der Index soll anzeigen, wie streng die Maßnahmen je nach Corona-Lage hierzulande sein müssen. In einer Tabelle ist dabei aufgelistet, für welchen Bereich was bei welcher Farbe gilt. Das heißt, ob zum Beispiel die Geschäfte geschlossen bleiben müssen, Schulen nur im Fernunterricht funktionieren und Masken auch draußen vorgeschrieben sind. Wie Gesundheitsminister Jan Blatný (parteilos) am Freitag sagte, befindet sich Tschechien derzeit auf Stufe vier und nicht mehr fünf. Dennoch bedeute dies keine sofortige Lockerung der Maßnahmen.
„Wenn wir lockern wollen, muss die jeweilige niedrigere Risikostufe mindestens eine Woche lang Bestand haben. Danach können wir die Maßnahmen im ganzen Land um eine Stufe nach unten fahren. Falls sich aber die Lage verschlechtert, lässt sich bereits nach drei Tagen eine Verschärfung der Maßnahmen erwägen“, so Minister Blatný.
In jedem Fall aber muss die Regierung entscheiden. Erste Lockerungen kommen daher aktuell frühestens ab Montag kommender Woche in Frage.
Welche Risikostufe gilt, hängt von vier Faktoren ab, die mit Punkten bewertet werden. Das sind die Reproduktionszahl, die Gesamtzahl der Neuinfizierten, der Anteil der positiven Corona-Tests sowie die Zahl der Bewohner ab 65 Jahren, die sich infiziert haben. Im schlimmsten Fall werden 100 Punkte erreicht, im besten 0 Punkte.
Erst ab einem Wert unterhalb 61 Punkten, das ist die Stufe drei und darunter, dürfen zum Beispiel alle Geschäfte wieder öffnen. Doch das werde etwas anders ablaufen als bisher, erläuterte Industrie- und Handelsminister Karel Havlíček (parteilos):
„Ich sehe vor allem eine Änderung, die etwas schwieriger erscheint. So gibt es je Stufe eine Begrenzung für die Zahl der Kunden auf 15 Quadratmetern Verkaufsfläche. Aber auch jetzt müssen bereits zwei Meter Abstand eingehalten werden. Hier kann ich also keine einschneidenden Änderungen erkennen.“
Doch genau diese Regelung hat in den vergangenen Tagen für die meiste Kritik gesorgt. So ist ab der dritten Stufe aufwärts nur noch ein Kunde je 15 Quadratmeter Verkaufsfläche erlaubt – und in der lockersten, also ersten Stufe, sind es bis zu vier Kunden. Die Handelskammer und der Verband für Handel und Industrie halten die Regelung für zu streng. Im selben Sinn äußerte sich auch Václav Stárek, der Präsident des Hotel- und Restaurantverbandes:
„Wir haben über die Verkaufsfläche diskutiert. Dass in Deutschland ein Kunde auf zehn Quadratmeter möglich ist, hierzulande aber nur einer auf 15 Quadratmeter, halte ich für unsinnig. Auf diese Weise schaffen wir Warteschlangen vor den Geschäften, und das verschlechtert die Lage doch nur.“
Auf der anderen Seite sind einige Epidemiologen und Virologen besorgt, der neue Corona-Risikoindex könnte allzu schnell zu Lockerungen führen. In diesem Sinn äußerte sich zum Beispiel der ehemalige Gesundheitsminister Roman Prymula am Wochenende:
„Wenn wir das machen, dürfte sich der Trend wieder ziemlich schnell umkehren. Unabhängig von der neuen Tabelle für die Maßnahmen sollte sich jeder bewusst machen, was am besten zu tun ist.“
Der aktuelle Gesundheitsminister Blatný fordert im Übrigen, dass der Notstand selbst bei der niedrigsten Corona-Risikostufe in Kraft bleibt. Für wie lange das Abgeordnetenhaus dabei mitspielt, ist allerdings die Frage.