Neues Informations- und Kontaktbüro für deutsche Schulklassen in Prag

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Hunderte deutscher Schüler fahren jährlich nach Prag auf Klassenfahrt. Um ihnen künftig etwas mehr zu bieten als das übliche Touri-Programm hat die Brücke/Most-Stiftung am 1. November in Prag ein Informations- und Kontaktbüro für deutsche Schulklassen eröffnet. Was dahinter steckt, hat Silja Schultheis im Gespräch mit Ina Gamp von der Brücke/Most-Stiftung in Erfahrung gebracht.

Frau Gamp, seit 1. November gibt es in Prag ein Informations- und Kontaktbüro für deutsche Schulklassen - ein Projekt, das die Brücke/Most-Stiftung seit längerer Zeit geplant hatte und das quasi zur Dauereinrichtung werden soll. Können Sie uns zunächst kurz den Hintergrund dieses Projekts schildern, welche Idee liegt dem Ganzen zu Grunde?

Die Idee des Informations- und Kontaktbüros ist es, Schüler- und Jugendgruppen, die nach Prag kommen, dabei zu unterstützen ein Programm auf die Beine zu stellen, das mehr als nur Tourismus ist und themenorientiert ist. Sich also in Prag nicht nur zum ersten Mal mit dem tschechischen Bier auseinanderzusetzen, sondern sich beispielsweise auf die Spuren der deutschsprachigen Literatur in Prag zu begeben, Zeitzeugen zu treffen zu verschiedenen Epochen, die spannend sind in Prag - zum Beispiel Zweiter Weltkrieg oder 1968. Oder andere Angebote wahrzunehmen, über die die Schüler einfach mehr kennen lernen können als einfach nur Prag als tolle und touristisch interessante Stadt.

Sie haben es gerade erwähnt: sich mit dem tschechischen Bier auseinandersetzen. Wie sieht die bisherige Situation aus, wie verläuft eine typische Prag-Reise einer deutschen Schulklasse?

Unsere Erfahrung ist, dass die Schulklassen wirklich nach Prag kommen und ausschließlich Tourismus machen. Das heißt, gerade die höheren Klassenstufen eigentlich tagsüber vor allem touristisches Angebot wahrnehmen, vielleicht noch den ein oder anderen Ausflug machen, vielleicht sogar gute und interessante Ausflüge, etwa nach Theresienstadt. Aber in der Stadt dann ein bis zwei Museen besuchen und abends dann vor allem die Prager Kneipen erkunden. Und das liegt vor allem daran, dass die Lehrerinnen und Lehrer nicht genug Zeit haben, vielleicht auch nicht genug Wissen haben, um diese Prag-Klassenfahrten mit mehr Aufwand zu organisieren und mehr interessante Aspekte mit einzubeziehen.

Das, was Sie über die Aufgaben des Informations- und Kontaktbüros sagen, das klingt fast so, als wenn das IKB eine halb-kommerzielle Service-Einrichtung sein soll?

Ein Stück weit ist es das auch. Wir möchten aber ein nicht-kommerzielles Angebot sein und unterscheiden uns deutlich von klassischen Reisebüros - dadurch dass wir uns bemühen, das Ganze so zu gestalten, dass ein nachhaltiges Interesse an der Tschechischen Republik entsteht, nachhaltige Kontakte zwischen deutschen und tschechischen Jugendlichen und ein vertieftes Wissen, das dazu führt, dass man auch nach der Klassenfahrt möglicherweise noch Interesse an Tschechien hat und Tschechien als einen wichtigen Partner in der Europäischen Union, bei der europäischen Zusammenarbeit wahrnimmt. Uns geht es nicht darum, ein Produkt zu verkaufen, sondern nachhaltiges Interesse zu wecken.

Wie schätzen Sie das Interesse deutscher Schulklassen und vor allem Lehrer ein? Sie haben gesagt, die Lehrer haben oft keine Zeit, sich entsprechend auf die Klassenfahrt vorzubereiten. Auf der anderen Seite erfordert so ein inhaltliches Angebot, wie Sie es planen, ja auch eine entsprechende Vor- und Nachbereitung mit den Schülern, eine historische Einführung...Haben die Lehrer Ihrer Meinung nach Interesse daran?

Ich glaube, das Interesse ist da. Wir bekommen selber in regelmäßigen Abständen Anfragen, ob wir Zeitzeugen für eine Prag-Reise vermitteln können, ob wir diesen oder jenen Tipp geben können - ohne dass dieses Angebot auf unseren Webseiten vorhanden wäre. Und auch die Partnerorganisationen, die für das Projekt mit im Boot sind - Goethe-Institut, Deutsche Botschaft, die politischen Stiftungen - alle berichten immer wieder von solchen Anfragen, die an sie gerichtet werden. Und sie sind froh, in Zukunft diese Anfragen an uns weiterleiten zu 0können.

Am 7. November stellt sich das IKB in Prag erstmals vor, eine erste Vernetzung ist geplant. Wen möchten Sie als Partner in Prag vor Ort in erster Linie ansprechen und auch für eine Zusammenarbeit gewinnen?

Wir möchten alle deutschsprachigen Institutionen in Prag für eine Zusammenarbeit gewinnen. Das sind vor allem das Goethe-Institut und die Deutsche Botschaft in Prag. Ein weiterer wichtiger Partner ist das Tschechische Zentrum, das gerne deutsche Schulklassen in seinen Räumlichkeiten empfängt, um dort die Gegenwart und Geschichte der Tschechischen Republik präsentieren zu können. Und letztendlich ist das Projekt vor allem auf eine gute Vernetzung und Präsenz in Prag angewiesen. Also, eigentlich sind uns alle Institutionen als Partner willkommen, die auch die Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Tschechen fördern.

Wie hat die Stadt Prag auf die Einrichtung eines IKB für deutsche Schulklassen reagiert, gibt es hier Kooperationsangebote?

Die Stadt Prag ist ein wichtiger Partner für die Zusammenarbeit und wir möchten, sobald wir in Prag richtig begonnen haben, Kontakte zur Stadt aufnehmen und vertiefen.

Die Idee, in Prag ein solches Kontakt- und Informationsbüro zu gründen, steht schon seit mehreren Jahren im Raum. Woran ist die Umsetzung bislang gescheitert?

Die Umsetzung ist bisher daran gescheitert, dass die Brücke/Most-Stiftung als Projektträgerin nicht die Finanzen zur Verfügung stellen konnte, um das Projekt zu ermöglichen. Wir haben jetzt eine Mitarbeiterin eingestellt, die das Projekt in Prag leiten wird. Wir können jetzt starten, weil wir glücklicherweise die Unterstützung von der Robert Bosch Stiftung und vom Deutsch-tschechischen Zukunftsfonds gewonnen haben.

Wie soll es langfristig mit der Finanzierung aussehen?

Die Robert Bosch Stiftung und der Deutsch-tschechische Zukunftsfonds haben zugesichert, das Projekt zwei Jahre lang zu fördern. Danach möchten wir auf eigenen Füßen stehen und das Projekt über Sponsoring, über weitere Partner, aber auch über geringe Teilnehmerbeiträge so finanzieren, dass es sich selber trägt. Zum Glück müssen wir nicht wie Reisebüros gewinnorientiert arbeiten, sondern es reicht, wenn wir alle Ausgaben refinanzieren können. Es ist uns wichtig, ein langfristiges Projekt daraus zu machen und wir glauben, dass es auch für Sponsoren und andere Partner interessant sein kann.

Das heißt, die Schulklassen müssten sich auch auf ein Entgelt einstellen, das sie entrichten müssten für diesen Service, den Sie ja immerhin anbieten.

Ja, wir würden ein geringes Entgelt verlangen. Das wird sich in der Praxis herausstellen, was die Schulen in der Lage sind zu leisten und danach werden wir das festlegen.

Abschließend eine ganz praktische Frage: Was muss ein deutscher Lehrer machen, wenn er mit seiner Klasse nach Prag fahren und dort nicht nur das typische Touri-Programm absolvieren will?

Es wird eine Homepage geben zu unserem Projekt, da werden auch Kontaktdaten sein. Die Lehrer können sich dann direkt an unsere Mitarbeiterin in Prag wenden und bekommen dann Beratung, Vermittlung, Information. Das sollte noch in diesem Jahr ermöglicht werden, erstmal mit einem sehr kleinen Angebot. Und im Laufe des Jahres 2007 wird das Angebot dann vergrößert, bis es ausreichend ist.

www.bruecke-most-stiftung.de