Nicht korrekt entstanden – aber gültig: Verfassungsrichter belassen Beamtengesetz

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Seit Anfang Juli ist in Tschechien ein neues Beamtengesetz in Kraft. Das Gesetz entzieht mehrere Tausende Staatsbedienstete der Willkür der jeweiligen Regierung. Die Europäische Union hatte es vehement gefordert. Doch Staatspräsident Zeman hatte gegen die Novelle geklagt – und erst jetzt am Donnerstag hat das Verfassungsgericht entschieden.

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Das Beamtengesetz bleibt gültig, nur ein einziger Satz muss gestrichen werden. Das haben die tschechischen Verfassungsrichter entschieden. In Regierungskreisen war ein Aufatmen zu hören. Premier Bohuslav Sobotka:

„Ich begrüße die Entscheidung des Verfassungsgerichts. Die gute Nachricht ist, dass die Staatsverwaltung ihren Transformationsprozess fortsetzen kann, hin zu größerer Neutralität, Stabilität und Kompetenz.“

Miloš Zeman  (Foto: David Sedlecký,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Die öffentliche Verwaltung wird – kurz gesagt – entpolitisiert. Denn in den vergangenen 20 Jahren war es zu einem beliebten Spiel geworden, dass bei jedem Regierungswechsel erst einmal die Stühle wackelten in den staatlichen Behörden und Ministerien. Bis hinunter in mittlere Leitungsebenen wurde manchmal das Personal ausgetauscht, damit ging in der Verwaltungsarbeit viel Kompetenz verloren und es kam zu einem Bruch.

Vergangenen Sommer einigte sich die Mitte-Links-Regierung dann mit dem größten Teil der Opposition auf ein neues Beamtengesetz. Doch Staatspräsident Miloš Zeman reichte eine Verfassungsbeschwerde ein. So kritisierte er, dass ins Parlament die überarbeitete Fassung des früheren Beamtengesetzes eingereicht wurde, die Abgeordneten aber letztlich einen komplett neuen Entwurf verabschiedet haben. Dieses Vorgehen hat auch das Verfassungsgericht am Donnerstag stark moniert. Dazu der Verfassungsrechtler Marek Antoš von der Prager Karlsuniversität:

Marek Antoš  (Foto: Jan Rosenauer,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Das Verfassungsgericht hat Zeman darin Recht gegeben, dass bei der Verabschiedung des Gesetzes nicht in idealer Weise vorgegangen wurde. Trotzdem gab es Zemans Antrag, das Gesetz aufzuheben, nicht statt. Die Richter haben argumentiert, dass eine Aufhebung des Gesetzes größeren Schaden anrichten würde, als durch die falsche Vorgehensweise bei seiner Verabschiedung entstanden sei.“

Die Richter verwiesen unter anderem darauf, dass die derzeit 68.000 Beamten durch eine Aufhebung des Gesetzes vor eine unsichere Lage gestellt würden. Und außerdem erwähnten sie die Forderungen der Europäischen Kommission. Denn Brüssel hatte gedroht, den Geldhahn zuzudrehen, sollte das Gesetz bis Ende 2014 nicht verabschiedet sein.

Gebäude des Verfassungsgerichtes  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Nur in einem Punkt folgten die Richter der Beschwerde des Staatspräsidenten. Es handelt sich um den Satz, dass die Regierung die Beschäftigtenzahlen in sieben wichtigen Behörden wie dem Statistikamt oder dem Kartellamt nicht senken dürfe, ohne die Zustimmung der jeweiligen Behördenleitung. Das sahen die Richter jedoch als einen Verstoß gegen Verfassungsprinzipien an. Denn die Regierung ist dort als das höchste Organ der Exekutive definiert und keine Behörde darf ihr übergeordnet sein. Verfassungsrechtler Antoš sagt, dass die Streichung des Satzes aus dem Beamtengesetz nur scheinbar unbedeutend sei:

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„Wenn man die Staatsbehörden komplett von der Regierung loskoppelt, würde die Verantwortung für ihren Betrieb verwischt. Die Politik wäre sinnentleert. Auf der anderen Seite muss man auch beachten, dass diese Methode, eine unabhängige Verwaltung aufzubauen, überall in Europa boomt. Die EU fordert dies sogar. Wenn das Verfassungsgericht also seine Kritik wirklich ernst meint, dann sollten wir die Verfassung so ändern, dass dort die Unabhängigkeit der Behörden genannt wird.“