Zu Besuch im Prager Kontaktbüro der Sudetendeutschen Landsmannschaft/Gespräch mit Geschäftsführer Peter Barton
"Würde jemand in Prag eine Zweigstelle der El Kaida eröffnen, würde das nicht so viel Lärm hervorrufen wie die Eröffnung des Büros der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Das Katzenkonzert, an dem eine breite Skala von Protestierenden teilnimmt - von den Kommunisten bis zu den Rechtsextremisten, findet wie üblich unter dem Taktstock der Tageszeitung Právo statt." Dies schrieb der Politologe Bohumil Dolezal einleitend in seinem Kommentar am 1. April in der Tageszeitung Mladá fronta Dnes - d. h. kurz nachdem das erwähnte Kontaktbüro in Prag eröffnet worden war.
"Würde jemand in Prag eine Zweigstelle der El Kaida eröffnen, würde das nicht so viel Lärm hervorrufen wie die Eröffnung des Büros der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Das Katzenkonzert, an dem eine breite Skala von Protestierenden teilnimmt - von den Kommunisten bis zu den Rechtsextremisten, findet wie üblich unter dem Taktstock der Tageszeitung Právo statt." Dies schrieb der Politologe Bohumil Dolezal einleitend in seinem Kommentar am 1. April in der Tageszeitung Mladá fronta Dnes - d. h. kurz nachdem das erwähnte Kontaktbüro in Prag eröffnet worden war. Er fasste damit treffend die vor allem für die Medien bestimmten nachfolgenden Stellungnahmen zahlreicher Politiker zusammen. Nicht alle Politiker reagierten auf den angebotenen Dialog ablehnend. So betonte in diesem Zusammenhang z. B. der stellvertretende Senatspräsident Jan Ruml vor kurzem gegenüber der Wochenzeitung "Respekt", es sei notwendig, alle Kommunikationswege zu öffnen.
Über die Eröffnung des Kontaktbüros haben wir Sie, verehrte Hörerinnen und Hörer, im Tagesecho sowie in den Nachrichten bereits im März informiert. Ich besuchte das Kontaktbüro der Sudetendeutschen Landsmannschaft auf der Prager Kleinseite, um mehr über die bisherige zweimonatige Tätigkeit zu erfahren. Über die Beweggründe für die Errichtung des Büros sagte sein Geschäftsführer Peter Barton:
"Das Kontaktbüro der Sudetendeutschen ist keine Pressestelle oder kein Propagandabüro - das ist keineswegs der Zweck unserer Arbeit, sondern wir wollen hier hauptsächlich informieren - die tschechischen Bürger, die mit verschiedenen Anfragen zu uns kommen. Es geht nicht nur um einzelne Bürger, sondern auch um tschechische Organisationen, die Kontakte mit Sudetendeutschen, vor allem mit einigen Sudetendeutschen Institutionen in der Bundesrepublik Deutschland anknüpfen wollen."
Das Büro wurde vor knapp zwei Monaten eröffnet. Mit welchen konkreten Fragen, bzw. Wünschen kommen die Menschen zu Ihnen?
"Ja, die Anfragen sind sehr unterschiedlich. Ich kann sagen, dass die meisten Interessenten mit bestimmten Wünschen kommen, wo wir versuchen zu helfen. Es ist uns schon einiges gelungen. Was mich sehr freut, dass hier auch das Interesse besteht, im Bereich der Kultur Kontakte anzuknüpfen. Z. B. Herr Professor Svejkovský - der war früher am Prager Konservatorium - heute ist er Leiter von einem Kammerensemble - und der will eine Komposition von Widmar Hader aufführen. Das ist ein Sudetendeutscher Komponist und Direktor des Sudetendeutschen Musikinstituts in Regensburg. Es freut mich, dass wir hier etwas fortsetzen können, was vielleicht vor dem Krieg ganz normal war, d. h. auch ganz einfache menschliche und kulturelle Kontakte - und das ist etwas, wo ich auch den Sinn unserer Arbeit sehe, dass wir in der Zukunft ganz normal kommunizieren können, d. h. dass wir uns näher kennen lernen können und sehen, wie eigentlich sehr verwandt wir sind, und dass wir die Probleme, die hier immer noch bestehen - das muss man natürlich auch sagen, dass alles noch nicht so ideal ist - aber dass man auch diese Probleme lösen kann."
Manchmal hat man in Tschechien den Eindruck, dass sich eher ältere Leute für die Sudetendeutschen Angelegenheiten interessieren. Sie haben aber eben eher über eine zukunftsorientierte Arbeit gesprochen.
"Ich kann sagen, dass es oft auch ganz junge Menschen sind, die mit dem Wunsch kommen, uns besser kennen zu lernen. Das ist auch oft so, dass gerade im Grenzgebiet heute auch sehr viele junge Menschen wohnen und die fragen ihre Eltern oder Großeltern: Wer hat hier früher gelebt, wir suchen nach der Geschichte unseres Ortes, wir wollen wissen, wie war die Geschichte vor mehr als 60 Jahren, wie war es früher... Und das ist interessant. Es gibt einige Bürgerinitiativen, die in der letzten Zeit entstanden sind, die von jungen Leuten ins Leben gerufen wurden. Auch z. B. die Bürgerinitiative um Weckelsdorf in Nordostböhmen, hier handelt es sich meistens um jüngere Menschen. Neben dieser Initiative, die nur eines von mehreren Beispiele ist, möchte ich sagen, dass wir auch Briefe und Anrufe von jungen Menschen bekommen, die nach dem Studienmaterial suchen, die sich für die Geschichte dieses Landes interessieren. Da natürlich gibt es in München das Sudetendeutsche Archiv und die wissenschaftliche Bibliothek - auch da können wir den Menschen helfen, dass sie nach München kommen und dort studieren können und vielleicht finden sie auch etwas, was man hier in der Tschechischen Republik nicht so einfach finden kann. In dieser Hinsicht glaube ich, dass wir da besonders viel vermitteln können."
Sie selbst studierten auch Geschichte, bzw. Politologie?
"Ja, ich stamme aus diesem Land, ich selber habe tschechisch, deutsche und ungarische Vorfahren, d. h. meine Verwandten stammen aus dem ganzen mitteleuropäischen Raum, und deswegen ist es mir so besonders wichtig, dass gerade die Völker, die in dieser Region leben, näher zusammenkommen. Ich selbst habe Politik, Geschichte und Slawistik an der Ludwig-Maximilian-Universität in München studiert. Zwölf Jahre habe ich in der Hanns-Seidel-Stiftung gearbeitet und bin sehr froh, dass ich wieder in diesem Land arbeiten kann. Ich glaube, dass die Arbeit des Sudetendeutschen Büros in Prag zugunsten sowohl von den Sudetendeutschen, als auch den Tschechen kommen wird und dass wir die gemeinsame Zukunft tatsächlich noch besser formieren können - auch dank dieser Arbeit in Prag."
Am Mikrofon war der Geschäftsführer des Kontaktbüros der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Prag, Peter Barton.