Johannes Kepler und Prag

Einer der namhaften Wissenschaftler, die sich auf dem Hof Rudolf II. in Prag aufhielten, war der weltberühmte Mathematiker und Astronom Johannes Kepler. Im folgenden Spaziergang durch Prag laden Sie Anna Vondracek und Martina Schneibergova in das Prager Technik-Museum ein, wo in diesen Tagen eine Ausstellung mit dem Titel "Kepler und Prag" stattfindet.

Johannes Kepler kam im Jahre 1600 nach Prag- auf Einladung des dänischen Astronomen Tycho de Brahe. Kepler war zuerst sein Assistent und später ist er zum kaiserlichen Mathematiker auf dem Hof Rudolf II. geworden. In Böhmen arbeitete Kepler in den Jahren 1600 - 1612. Nach Meinung der Experten handelt es sich um die bedeutendsten Jahre seiner wissenschaftlichen Laufbahn.

Zur Entwicklung der Astronomie trug Kepler vor allem mit seinen Gesetzen über die Planetenbewegung bei. In Böhmen formulierte er die ersten zwei seiner Gesetze. Diese Gesetze wurden in der Schrift "Astronomia nova" veröffentlicht. Das Werk erschien 1609. Es wird als eines der Meisterwerke der Naturwissenschaften beschrieben.

Die lateinische Kurzbezeichnung ASTRONOMIA NOVA heißt ausführlich in der deutschen Sprache:

"Neue Astronomie ursächlich begründet oder Physik des Himmels dargestellt in Untersuchungen über die Bewegungen des Sternes Mars auf Grund der Beobachtungen des Edelmannes Tycho de Brahe. Auf Geheiß und Kosten Rudolphs II. In mehrjährigem, beharrlichem Studium ausgearbeitet zu Prag von Seiner Heiligen Majestät Mathematiker Johannes Kepler, im Jahre 1609 der Dionysischen Zeitrechnung".

Das Werk selbst ist in fünf Teile gegliedert und enthält insgesamt 70 Kapitel.

Im ersten Teil verglich Kepler die drei Hypothesen der Darstellung der Planetenbewegung von Copernicus, Ptolemäus und Brahe. Im zweiten Teil untersuchte Kepler, ob die Bewegung der Planeten mit Hilfe von Kreisen darstellbar sind, und fand heraus, dass dies nicht möglich ist. Im dritten Teil legte Kepler physikalische Ergebnisse dar, nämlich, dass die Sonne sich im Mittelpunkt des Planetensystems befindet, die bewegende Kraft also im Sonnenkörper liegt und in größerem Abstand schwächer, in kleinerem stärker ist.

Im vierten und dem umfangreichsten Teil gelang Kepler die Entdeckung seines ersten Gesetzes. Im letzten Teil wandte sich Kepler dem Problem der Bahnneigung zu, stellte die fehlerhaften Auffassungen seiner Vorgänger fest und behandelte schließlich noch einige Fragen einer verfeinerten Darstellung der Planetenbewegung. Beachtenswert wäre zu erwähnen, dass die "ASTRONOMIA NOVA" eine Bedeutung für die Entdeckungsgeschichte der Infinitesimalrechnung hatte.

Johannes Kepler übernahm in Prag zusammen mit Tycho de Brahe die Berechnung neuer Planetentafeln für Kaiser Rudolf II, die auch nach diesem Rudolfinische Tafeln benannt werden. Nach Brahes Tod im Jahr 1601 führte Kepler die Arbeit an den Tafeln fort. Infolge des hohen Aufwandes bei der Berechnung der Tabellen und aufgrund der Probleme beim Druck wurden die Tabulae Rudolfinae erst 1627 veröffentlicht. Die Tabulae Rudolfinae dienten als Grundlage für andere astronomische Berechnungen - z. B. für die Seefahrt und hatten daher eine hohe praktische Bedeutung.

Die Prager Ausstellung über Johannes Kepler ist Bestandteil eines internationalen Projektes über die Entwicklung der wissenschaftlichen Weltbetrachtung. Der Kurator der Ausstellung, Antonín Svejda, bemerkt dazu:

Foto: Archiv des Nationalen Technik-Museums
"Unsere Kollegen in Landskrona in Schweden, konkret vom Tycho de Brahe- Museum auf der Insel Hven, haben sich entschieden, ein Projekt über die Zusammenarbeit von Astronomen zu initiieren. Sie suchten dafür fünf hervorragende Astronomen der Neuzeit aus - mit Copernicus beginnend und bei Newton endend. Dazu gehören noch Tycho de Brahe, Johannes Kepler und Galileo Galilei. Sie fanden fünf Institutionen, die sich mit dem Werk und dem Vermächtnis dieser namhaften Wissenschaftler beschäftigen."

In der Ausstellung wird die Persönlichkeit Keplers vorgestellt mit Betonung auf seine Arbeit in Prag. Außerdem wird hier Prag der Zeit Rudolphs II. als eine Stadt dargestellt, die für die Geschichte der Wissenschaft - vor allem der Astronomie - sehr bedeutend war. Es wird auch auf andere Persönlichkeiten hingewiesen, die damals in Prag tätig waren - wie Tycho de Brahe oder der Mathematiker Jost Bürgi. Neben zahlreichen historischen Geräten, werden auch Landkarten und Bücher mit astronomischer Thematik ausgestellt. Antonin Svejda machte mich außerdem auf ein einzigartiges Buch aufmerksam:

"Das ausgestellte Buch heißt "Somnium" (Traum) - und es ist ein Werk über die Mondastronomie, das man heute als Science-Fiction-Literatur bezeichnen würde; Kepler arbeitete einige Jahrzehnte lang daran, der Großteil entstand eben in Prag. Das Buch war für die damalige Zeit so fortschrittlich, dass es erst von Keplers Sohn Ludwig im Jahre 1644 herausgegeben werden konnte. Es geht von einer vermutlichen Reise Keplers auf den Mond aus. Kepler beschrieb alles auf lateinisch, seine Reise auf den Mond sowie alle Attribute, die einen Reisenden begleiten würden - die Strahlung, die Gravitation, das Problem des Transportes auf den Mond usw. Das Buch zeugt von der phantastischen Intuition des Autors."

Für diejenigen von Ihnen, die in der nächsten Zeit Prag besuchen werden noch ein praktischer Hinweis - die Ausstellung über Johannes Kepler im Prager Technik-Museum ist bis zum 12. November geöffnet.