Johann Josef Ignaz Brentner - der "componista praeclarus"

Im heutigen Kultursalon lassen wir wieder einmal Musik zu Worte kommen, und zwar Musik eines Komponisten, der leider im Laufe der Zeit beinahe in Vergessenheit geraten ist. Versetzen Sie sich jetzt gemeinsam mit uns etwa 150 Jahre zurück. Auf dem vorweihnachtlichen musikalischen Spaziergang begleitet Sie unser freier Mitarbeiter Jaroslav Konsal:

Prag in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts: Das Stadtbild wird nachhaltig neu geprägt. Der frustrierte Landesadel entschädigt sich für die Bevormundung aus Wien mit prunkvollen barocken Palastbauten, pompöse Kirchen schießen aus dem Boden, der intensiv gepflegte Marien- und Nepomukkult verlangt nach neuer und neuer Musik ad maiorem Dei gloriam.

Jesu, du mein treuer Hirt,

mein Beschützer, Speiss und Wirth,

o, du meiner Seelen Brot,

speise mich in Hungersnoth.

Schütze mich in Feuersnöthen,

Himmelsfeind mich wollen töten.

Führ mich endlich nach dem Leydt

in die wahre Himmelsfreud.

Die frommen und in barocker Manier leicht schwulstigen Worte wurden von Johann Josef Ignaz Brentner zu Notenpapier gebracht als eine Motette pro defunctis, für Verstorbene. Der Generationsgenosse von Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel scheint zu seiner Zeit in Prag ein Erfolgskomponist gewesen zu sein. An Aufträgen fehlte es nicht, Seelenmessen wurden fleißig gelesen, auf Brentners Namen stößt man zu beiden Moldauufern: in der Franzens- und der Niklaskirche, bei den Kreuzherren wurde eines seiner Stücke vom Kopisten mit dem Vermerk Capellae magistro virtuosissimo bedacht. Er komponierte für die Thunsche Kapelle wie für das Prämonstratenserstift Tepl - Motetten, Offertorien, Arien und mitunter reine Kammermusik. Und weil er sich mit sparsamen Besetzungen begnügte, konnte er sich oeinen umso breiteren Abnehmerkreis ausrechnen. Gleich in vier Bänden hat seine Stücke schon zu seinen Lebzeiten die Prager Offizin Labaun herausgebracht. Und als die Jesuiten wieder mal ein Kontingent in exotische Länder in Marsch setzten, da verstauten die Patres in ihrem Reisegepäck auch einige Titel von Brentner. Die Folge: Vor nicht allzulanger Zeit lag Brentners Musik allein in Einspielungen aus Bolivien vor. Das hat sich nun geändert, ein kleiner Prager Verlag hat im Namen des Heimatlands nachgezogen und sich in verschiedenen in- und ausländischen Archiven und Bibliotheken umgesehen. Die CD wurde vom Ensemble Inégal im westböhmischen Schloß Nebílovy aufgenommen.

Johann Josef Ignaz Brentner, ein Name, den uns die meisten Nachschlagwerke vorenthalten. Das hat seine Ursache: Über seine Geschicke wird man nur spärlich unterrichtet. Der Name läßt auf einen Deutschen schließen, und in der Tat wurde er 1694 in dem damals bereits weitgehend germanisierten westböhmischen Dobrany, Dobschan, als drittes Kind des Ortsbürgermeisters geboren. Kenntnisse damals aktueller italienischer Kompositionsverfahren berechtigen zur Annahme, daß er seine Wanderjahre auch außerhalb der Landesgrenzen verbracht hat, der Großteil seines Lebens gehörte aber Prag. Und unvermittelt begegnet man ihm wieder in seinem heimatlichen Dob"any - in einem betrüblichen Zusammenhang: Ertrunken im Fluß anno 1742, aber der Standesbeamte hat es dankenswerterweise nicht versäumt, einen Zusatz anzubringen: iuvenis et praeclarus componista. Der Hagestolz und ausgezeichnete Komponist.