Zweisprachiges Theaterprojekt in Tachov
Im Rahmen der Historischen Festspiele in Tachov, die alljährlich in dem Ort an der Grenze zu Bayern stattfinden, gab es am vergangenen Wochenende Theateraufführungen, die sich sowohl an ein tschechisches als auch ein deutsches Publikum richteten. In Kooperation mit der niederbayrischen Stadt Bärnau sollen die grenzüberschreitenden Theaterfestspiele Schauspieler und Publikum mit der Sprache des jeweiligen Nachbarlandes vertraut machen. Mehr dazu von unserer freien Mitarbeiterin Rainette Lange:
In den letzten Jahren hat sich zwischen den Städten Bärnau und Tachov ein reger Austausch entwickelt, der dazu beitragen soll, Vorurteile auf beiden Seiten der Grenze abzubauen und ein fruchtbares Miteinander zu ermöglichen. Basis hierfür bildet die historische Verknüpfung der genannten Städte, die beide an einer bedeutsamen Handelsstrasse des Mittelalters, der sogenannten "Goldenen Straße", zwischen Nürnberg und Prag lagen. Wie das Theaterprojekt ins Leben gerufen wurde, erzählt uns einer der Organisatoren der Festspiele, Robert Dvorák:
"Die Idee kam eigentlich von unseren Freunden aus der benachbarten deutschen Stadt Bärnau. In beiden Städten gab es schon früher ein Ensemble von Schauspielern, aber zweisprachig haben wir nie gespielt. Dann haben wir uns gesagt, warum sollten wir nicht versuchen, einfach Themen aus der Geschichte zu suchen, die ein wenig die Stereotypen abbauen könnten - also Themen aus Perioden, in denen die zwei Nationen in freundschaftlichen Beziehungen waren, also z.B. die 'Goldene Straße'. Oder dann Jan Hus, das ist zwar ein anderes Thema und es gibt in Bayern diesbezüglich ziemlich viele Stereotypen. In dem neuesten Stück haben wir aber gezeigt, dass mit Jan Hus nicht nur Plünderungen usw. zusammenhängen, sondern auch sehr interessante kulturelle Ideen."
Das Stück "Jan Hus - ein Weg ins Feuer" bildete den Höhepunkt der diesjährigen Festspiele, zusätzlich wurden zwei weitere zweisprachige Stücke aufgeführt - eines davon spielten deutsche und tschechische Kinder. Die zweisprachigen Theateraufführungen finden nun bereits seit dem Jahre 2001 jährlich sowohl in Bärnau als auch in Tachov statt. Für die diesjährige Veranstaltung auf tschechischer Seite probten seit Juli 80 Laienschauspieler aus beiden Ländern. Wie das Sprachproblem dabei gelöst wurde, berichtet nun Robert Dvorák:
"Es ist immer so, dass praktisch jeder Schauspieler in beiden Sprachen spricht, also die Tschechen lernen Deutsch, die Deutschen lernen Tschechisch. Man könnte denken, dass bei diesen Aktivitäten z.B. nur Tschechen mitarbeiten, die schon Deutsch sprechen, aber das ist nicht wahr. Bei diesem Projekt arbeiten auch Tschechen mit, die gar kein Deutsch sprechen und erst bei diesem Projekt damit anfangen. Gerade diese Projekte bringen die Leute eigentlich zur deutschen Kultur und ermöglichen weitere Beziehungen. Die meisten deutschen Schauspieler, die Sprechrollen haben, sprechen auch Tschechisch. Jeder hat wenigstens drei Sätze, so haben wir das aufgeteilt. Es wurden mehrere phonetische Übungen in Bärnau organisiert, da arbeitete immer ein Tscheche mit einem deutschen Schauspieler individuell, weil die Aussprache der tschechischen Dialoge sehr schwierig ist. Ich muss betonen, dass keiner von den Mitwirkenden sowohl von tschechischer Seite als auch von deutscher Seite finanzielle Belohnung bekommt. Die Zusammenarbeit ist also wirklich ganz freundlich und spontan und ich muss sagen, die Proben enden selbstverständlich immer mit einem gemütlichen Beisammensein, wo man dann versucht, die Sprachbarriere zu überwinden."
Die Historischen Festspiele in Tachov erfreuen sich beiderseits der Grenze einer immer größeren Beliebtheit. Auch in diesem Jahr waren die Besucherzahlen höher als erwartet, Tendenz steigend. Ein positives Beispiel also für eine gute Nachbarschaft!