Nahezu 300 Fotografien erinnern an das Jahr 1989
Im November diesen Jahres werden 15 Jahre vergangen sein, seit sich Millionen von Tschechen auf die Strassen begaben, um für Freiheit und Demokratie zu demonstrieren. Nicht ungefährlich war es, die Begebenheiten zu dokumentieren; sie zu fotografieren. Die Ausstellung "Rok 1989 ocima fotografu/ Das Jahr 1989 mit den Augen von Fotografen" erinnert mit nahezu 300 Aufnahmen an die revolutionären Ereignisse des Jahres 1989 und kommentiert dabei zugleich ein gegenwärtiges Unbehagen. Näheres erfahren sie von unserer freien Mitarbeiterin Karin Rolle.
Die Gegenwart ist ausschlaggebend für das Erinnern einer Geschichte, die noch Hoffnungen und Sehnsüchte kannte. Das Medium Fotografie stellt sich dabei als Mittel heraus, Vergangenes ein Stück weit in die Gegenwart zu retten, so die Kuratorin der Ausstellung, Daniela Mrázková:
"Die Fotografie ist nichts anderes als ein Gedächtnis. Ohne Fotografie würden wir möglicherweise vieles vergessen: Die Sehnsucht der Menschen nach Freiheit; die Solidarität, die die Menschen untereinander übten. Die Worte Václav Malýs haben eine aktuelle Bedeutung. Sie wollen die Menschen zum Innehalten bringen und sie daran erinnern, was wir alles durchlebt haben. Denn ich habe das Gefühl, dass das sehr wichtig ist."
Die Fotografien, die nahezu 20 Fotografen zur Verfügung stellten, unter ihnen u.a. Jaroslav Koran, Herbert Slavík und Josef Ptácek, rufen vier Zeitabschnitte ins Gedächtnis, in die sich die Ausstellung gliedert. Im ersten Teil der Ausstellung, dem "Präludium", wird eine Reihe verbotener Demonstrationen gezeigt, die in der ganzen Tschechoslowakei stattfanden und die natürlich heftig unterdrückt wurden. Der zweite Teil mit dem Titel "Der deutsche Exodus" beschäftigt sich mit der Flucht der Ostdeutschen über Prag nach Westdeutschland. Die Ausstellung geht weiter mit dem Fall der Berliner Mauer und endet schließlich mit der Samtenen Revolution. Die Aufnahmen zeigen die Ereignisse von den brutalen Ausschreitungen am 17. November 1989 bis zur Wahl des Dissidenten Václav Havel zum tschechoslowakischen Präsidenten.Der Fotograf Josef Ptácek dokumentierte vor allem die Flucht der Ostdeutschen über Prag nach Westdeutschland. Seine Fotografien zeigen, wie die deutschen Bürger der ehemaligen DDR ihre Autos in Strassen und Parks hinterließen oder wie Eltern ihre Kinder über die Mauern der deutschen Botschaft in Prag hievten. Auf die Frage, welche Erinnerungen er mit diesen Fotografien verbindet, antwortete Josef Ptácek:
"Ich denke sehr gern an diese Zeit zurück. Es war eine seltsame Begegnung mit unterschiedlichen Hoffnungen und mit einer bestimmten Skepsis. Denn wir glaubten, dass wir immer unter der kommunistischen Regierung werden leben müssen. Alle Hoffnungen, die davor gehegt wurden, sei es das Jahr 1948, an welches sich unsere Eltern erinnerten, oder das Jahr 1968, an das ich mich selbst sehr gut erinnere: Alle diese Hoffnungen wurden zerstört. Ich hatte das Gefühl, dass das Jahr 1989 eine weitere Hoffnung ist, die ohnehin nicht erfüllt werden kann. Wenn ich heute auf die Ereignisse zurückschaue, bin ich sehr glücklich, dass es eine der Revolutionen war, die relativ gut ausging. Auch die Dokumentation der Situation, wie die Bürger der DDR in die Prager Botschaft der BRD flüchteten, ist sehr wichtig. Nicht zuletzt dank dieser Fotografien konnten die Menschen aus Ostdeutschland nach Westdeutschland ausreisen."
Die Ausstellung, die schon einmal im Jahr 1999, zehn Jahre nach der Samtenen Revolution, gezeigt und mit überwältigendem Interesse rezipiert wurde, ist noch bis zum 23. September im Altstädter Rathaus in Prag zu sehen.