Pariser Fragment der Dalimil-Chronik kehrt nach Prag zurück

Dalimil-Chronik (Foto: CTK)

Um 10 Millionen Kronen ärmer, aber ein unschätzbares Stück Geschichte reicher ist die Tschechische Republik seit Donnerstag. Bei einer Auktion in Paris konnte die tschechische Nationalbibliothek ein kürzlich aufgetauchtes Fragment der so genannten Dalimil-Chronik aus dem 14. Jahrhundert erwerben. Vorangegangen war für die tschechische Delegation ein wahrer Auktionskrimi. Mehr dazu von Thomas Kirschner.

Dalimil-Chronik  (Foto: CTK)
Sie ist eine der wertvollsten und berühmtesten Quellen für die mittelalterliche tschechische Geschichte: Die so genannte Dalimil-Chronik, die von einem starken Bewusstsein für die tschechische Eigenart und Tradition geprägt ist. In Paris wurde nun ein kürzlich aufgetauchtes Fragment dieser Chronik versteigert, das über Jahre unbeachtet in Privatbesitz gelegen hatte. Die eigentliche historische Sensation ist aber, dass die Handschrift in Latein verfasst ist, erläutert Vlastimil Jezek, der Direktor der Tschechischen Nationalbibliothek.

Dalimil-Chronik  (Foto: CTK)
"Es handelt sich in seinem Bereich zweifelsfrei um den bedeutendsten Fund seit dem 19. Jahrhundert, seit den Zeiten von Frantisek Palacky - einfach deshalb, weil niemand bis hierhin auch nur den leisesten begründeten Verdacht hatte, dass es eine Übersetzung der ursprünglich tschechischen Dalimil-Chronik aus dem Beginn des 14. Jahrhunderts in die damalige internationale Sprache Latein gibt. Das beeinflusst ganz grundlegend unseren Blick auf die tschechische Geschichte in dieser Zeit."

Entsprechend groß war der Wunsch, die Handschrift nach Tschechien zu holen, was bei der Auktion am Donnerstag auch gelungen ist. Bei 339 000 Euro fiel der Hammer - fast exakt die zehn Millionen Kronen, die die Regierung zuvor öffentlich für den Ankauf bewilligt hatte. Nationalbibliotheksdirektor Jezek, der aus seiner Nervosität keinen Hehl machte, hatte daraufhin versucht, diesen Informationsvorsprung der Konkurrenz wettzumachen und die Gegner mit zwei Bietern zu verwirren:

Zdenek Uhlir und Vlastimil Jezek  (Foto: CTK)
"Weil wir im Vorfeld ein wenig mit offenen Karten gespielt haben, wollten wir verhindern, dass wir nur von einem Bieter vertreten werden. In der Nacht haben wir bis zwei Uhr früh die Strategie abgestimmt, wie die beiden Bieter sich abwechseln, wo sie sich hinsetzen, damit sie sich auch gegenseitig im Auge behalten können und wie wir absichern, dass die beiden nicht gegeneinander bieten. Und letztlich waren wir damit erfolgreich."

Vlastimil Jezek  (Foto: CTK)
Noch in diesen Tagen soll das neu erworbene Fragment nach Prag kommen. Und innerhalb kürzester Zeit, das versprach Jezek, wird es dann zusammen mit anderen Exemplaren der Dalimil-Chronik in einer Sonderausstellung der Nationalbibliothek in Prag zu sehen sein. Dann werden auch die schweren Momente vergessen sein, die Bibliotheksdirektor Jezek in Paris durchgemacht hat - nicht nur während der Versteigerung, sondern auch als er mit ansehen musste, wie Angestellte des Auktionshauses die empfindliche Handschrift mit bloßen Händen herumreichten.