Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wiedereingeführt
Seit Montag erhalten Arbeitnehmer in Tschechien vom ersten Krankentag an weiter ihr Gehalt. Nach zehn Jahren wurden die sogenannten Karenztage wieder abgeschafft – gegen den Widerstand der Arbeitgeber.
Vor zehn Jahren hatte die damalige Mitte-Rechts-Koalition eine Karenzzeit eingeführt. Das hieß, dass die Arbeitnehmer im Falle einer Krankheit die ersten drei Tage kein Geld sahen. Allerdings führte ein guter Teil der Unternehmen sogenannte Sick Days ein. Häufig waren es drei oder vier Tage im Jahr, die man sich wegen gesundheitlichen Problemen freinehmen konnte – bei Loh n in voller Höhe. Den Statistiken nach boten 43 Prozent der tschechischen Firmen diese Möglichkeit.
Im Umkehrschluss bedeutete das aber auch, dass in mehr als der Hälfte der Unternehmen die Beschäftigten im Krankheitsfall praktisch bestraft wurden. Das war auch ein Grund, warum die Gewerkschaften die Karenzzeit nie akzeptiert haben. Vít Samek ist stellvertretender Vorsitzender des Gewerkschaftsdachverbandes ČMKOS:
„Die Menschen heute sind froh um ihre Arbeit und dass sie einen Verdienst haben. Und wegen der steigenden Löhne erhalten sie auch mehr Geld. Eine Krankschreibung bedeutet aber immer einen Einkommensverlust. Das heißt, im Normalfall geht ein Mensch arbeiten, damit er etwas verdient.“Im Krankheitsfall kommt zunächst der Arbeitgeber für den zuständigen Lohnersatz auf, das sind 60 Prozent des Bruttoverdienstes. Ab dem 15. Tag übernimmt der tschechische Staat dann die Zahlungen.
Die Arbeitgeberverbände befürchten aber Mehrbelastungen für die Unternehmen.
„Für die kleinen und mittleren Firmen bedeutet das, dass sie im Falle von Krankheiten gerade in der Produktion dann Ersatz brauchen. Dieser lässt sich bei der angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt aber nur schwer finden. Außerdem rechnen die Firmen gerade deswegen auch mit höheren Lohnausgaben, und zwar um 3,3 bis 3,6 Prozent“, so Irena Bartoňová Pálková, Vizepräsidentin der tschechischen Handelskammer.
Der Regierungskoalition war dieses Problem durchaus bewusst. Daher hat sie den Arbeitgeberanteil an der Krankenversicherung um 0,2 Prozentpunkte gesenkt. Das aber reiche hinten und vorne nicht, rechnet Bartoňová Pálková vor:
Vor allem befürchten die Arbeitgeber jedoch eine Rückkehr zu früheren Zeiten mit einem vergleichsweise hohen Krankenstand. Damals stellten die Ärzte regelmäßig pro Jahr über 2,7 Millionen Krankschreibungen aus. Nach der Einführung der Karenzzeit sank diese Zahl um die Hälfte. Im vergangenen Jahr waren es beispielsweise 1,85 Millionen Krankschreibungen. Doch Gewerkschafter Vít Samek kann solchen Rechnungen nichts abgewinnen:
„Aus unserer Sicht ist die Debatte völlig unsinnig, um wie viel sich der Krankenstand bei den Arbeitnehmern erhöht. Denn es geht um den Schutz der Gesundheit bei der Arbeit. Und hier ist nun ein kleiner Schritt getan worden, um die Verhältnisse zu verbessern.“