Ort der Erinnerung im Böhmerwald
An die frühere Böhmerwaldgemeinde Zhůří / Haidl am Ahornberg erinnern nur noch eine Kapelle und ein Versöhnungskreuz.
Vor der kleinen Kapelle inmitten des Nationalparks Böhmerwald wurde ein Gottesdienst zelebriert. Dabei wurde an die Geschichte des Ortes erinnert. Die Kapelle wurde erst 1999 erbaut. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Zhůří mehr als 600 Einwohner. Es waren vor allem Deutsche, die dann nach 1945 vertrieben wurden.
Nach dem Bau des Eisernen Vorhangs wurde Zhůří wie viele andere Dörfer im Böhmerwald dem Erdboden gleichgemacht. Vor etwa sechs Jahren ist aber unweit der Kapelle ein Versöhnungskreuz aufgestellt worden. Nun wurde ein neues Artefakt am Kreuz geweiht. An der Feier nahmen Bewohner aus der Region, aber auch Besucher des Nationalparks teil. Eine Frau aus der nahe gelegenen Stadt Hartmanice / Hartmanitz wandte sich an die Versammelten:
„Wir sollten es schätzen, dass wir an diesem Ort zusammentreffen können. Ich halte das nicht für selbstverständlich. Lassen wir uns dieser Gelegenheit nicht berauben.“Das Kreuz symbolisiere Versöhnung und Verzeihung, sagte der stellvertretende Hauptmann des Kreises Pilsen, Vladislav Vilímec (Bürgerdemokraten). Er sagte, man dürfe nicht nur diejenigen vergessen, die im Krieg gelitten, sondern auch jene, die später ihr Eigentum und ihr Zuhause verloren hätten.
Pfarrer Petr Koutský aus Horažďovice zelebrierte den Gottesdienst. Er sagte, bei seinen Wanderungen durch den Böhmerwald sehe er, wie die Geschichte des 20. Jahrhunderts die Landschaft geprägt hat.
„Ich habe zuvor in der Predigt den Ort Vatětice erwähnt. Dort entwickelte sich nach der Wende zunächst keinerlei Tourismus. Es gab dort nur viele Hausruinen. Man konnte spüren, dass dort früher Menschen gelebt haben und vertrieben wurden. Als dort vor kurzem eine Kapelle erbaut wurde, hatte ich den Eindruck, dass die ganze Gegend geheilt worden ist. Dies gilt auch für andere Böhmerwaldorte – wie Hůrka oder die Hauswaldkapelle bei Srní. Die erneuerten Sakraldenkmäler und Orte wirken tröstend, sie sind schön und muntern auf.“
Der Pfarrer ging in der Predigt auch auf das frühere Zusammenleben der deutschen und tschechischen Bewohner ein.„In einer Chronik aus Strašín, wo ich auch Pfarrer bin, habe ich gelesen, dass Deutsche aus Nicov (deutsch Nitzau, Anm. d. Red.) zu Fuß nach Strašín gepilgert sind. Die dortigen Einwohner sprachen aber Tschechisch. Die Tschechen besuchten wiederum Wallfahrtsorte, die als deutsch galten. Daraus sind deutsch-tschechische Ehen und viele Freundschaften entstanden. Auch heute noch begegne ich Tschechen, die erzählen, sie hätten durch die Vertreibung damals Freunde und Bekannte verloren. Sie sagen mir, sie hätten früher nicht in gegenseitigem Hass gelebt.“
Die Treffen wie in Zhůří hält Pfarrer Koutský für wichtig. An die historischen Ereignisse müsse erinnert werden, sagt er.
„Sonst wären wir ohne Wurzeln. Die Geschichte gehört zu uns, wir sollten aus ihr Lehren ziehen, damit sich die Schrecken nicht wiederholen.“