„1918 – 2018 altes Europa - neues Europa“

Christa Naaß (Foto: Martina Schneibergová)

Schicksalsjahre, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und politische Bildung waren das Thema eines Seminars in Marienbad.

Martin Kalina  (Foto: Zdeněk Trnka,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Der Sudetendeutsche Rat hat am Wochenende zum Dialog geladen. Themen bei den sogenannten Marienbader Gesprächen waren unter anderem die aktuelle politische Situation in Tschechien und in Deutschland, historische Ereignisse wie das Jahr 1968, aber auch Jugendprojekte.

„1918 – 2018 altes Europa neues Europa“ hat der Sudetendeutsche Rat zum Motto der diesjährigen Marienbader Gespräche gewählt. Unter den Rednern waren Politiker, Diplomaten, Historiker sowie engagierte Bürger. Martin Kalina (Piraten) ist Bürgermeister des westböhmischen Kurorts Mariánské Lázně / Marienbad. In seiner Rede unterstrich er die Bedeutung der Beziehungen zu Deutschland für die Stadt.

„Für uns sind sie besonders wichtig, weil unsere Stadt nicht weit von der Grenze liegt. Zudem kommen rund 75 Prozent der Kurgäste aus Deutschland. Die Zusammenarbeit mit unseren Partnerstädten sowie mit Städten, mit denen wir uns um die Eintragung in die Unesco-Kulturerbeliste bemühen, sowie mit unseren Freunden vom Sudetendeutschen Rat hat für uns eine besondere Bedeutung. Wir haben zwei Partnerstädte: Bad Homburg und Weiden. Deren Vertreter nahmen vor kurzem an der Eröffnung der Kursaison in unserer Stadt teil und waren begeistert. Der Weidner Bürgermeister Kurt Seggewiß (SPD, Anm. d. Red.) hat uns zu einem Bürgerfest eingeladen, zu dem wir Ende Juni bestimmt kommen werden.“

Rita Hagl-Kehl  (Foto: Martina Schneibergová)
Bürgermeister Kalina erinnerte zudem an die Schulpartnerschaften, die sich zwischen Marienbad und Weiden in der Oberpfalz entwickelt haben.

Rita Hagl-Kehl (SPD) ist Staatssekretärin im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. In ihrer Rede ging sie vielmehr auf „große Politik“ ein. Auch sie hat jedoch Erfahrungen mit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit:

„Ich habe in meiner Heimatregion Freyung – Grafenau während der vergangenen 30 Jahre viele Erfahrungen gemacht. Man merkt, dass die Verbindung zwischen Tschechien und Deutschland herzlicher und intensiver wird, und das nicht nur was Arbeit und Tourismus betrifft. Ebenso die menschlichen Beziehungen werden mittlerweile besser. Das ist auch ein Verdienst, dass man gegenseitig aufeinander zugeht, dass man gegenseitig mehr Verständnis hat. Daher sind die Gespräche des Sudetendeutschen Rates wichtig.“

Hans Ritt  (Foto: Archiv CSU)
Der bayerische Landtagsabgeordnete Hans Ritt (CSU) ist davon überzeugt, dass sich im Bereich der bilateralen Zusammenarbeit noch einiges verbessern könnte.

„Es muss nicht nur auf Grenzregionen beschränkt sein, da funktioniert es wunderbar. Wir brauchen diese Begegnungen über das ganze Land hinweg. Ich wünsche mir mehr Städtepartnerschaften.“

Christa Naaß ist Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rats. Die Sozialdemokratin hat die Marienbader Gespräche gestaltet. Gegenüber Radio Prag sagte sie zum Abschluss der Tagung:

„Die Botschaft der Marienbader Gespräche ist die, dass wir an der gemeinsamen Geschichtsaufarbeitung arbeiten müssen, dass wir auch unsere wunden Punkte benennen müssen, die auf den beiden Seiten vorhanden sind und dass wir in einem Dialog zu einer gemeinsamen Geschichtsbewertung kommen können. So ein Gedenkjahr bietet dazu die Möglichkeit. Während dieses Seminars konnten diese Punkte angesprochen werden. Da gehören auch die aktuelle deutsche und tschechische Politik dazu und natürlich auch der Blick in die Vergangenheit. Der veranstaltende Sudetendeutsche Rat ist ein parteiübergreifendes Gremium.“

Christa Naaß  (Foto: Martina Schneibergová)
Christa Naaß erklärt, was der Sudetendeutsche Rat eigentlich sei:

„Der Rat besteht aus den Mitgliedern der Sudetendeutschen Landsmannschaft, aber auch aus den Vertretern der im Bundestag vertretenen Parteien. Unsere Aufgabe ist die Völkerverständigung, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die Kultur- und Heimatpflege und natürlich das Zusammenbringen von Politikern, Wissenschaftlern und Kulturschaffenden. Wir wollen so unserem gemeinsamen Ziel, Brücken zu bauen, näher kommen.“

Während der Diskussionen wurde auch ein bestimmter Nachholbedarf festgestellt, was die Kenntnisse der jüngeren Menschen über das Nachbarland betrifft:

„Deswegen war mir wichtig, hier auch Jugendprojekte zu zeigen, um Jugendliche zusammenzubringen und vor allem politische Bildung zu vermitteln.“