Solidarität in Flüchtlingskrise und Finanzpolitik – Treffen Schäuble und Babiš
In den vergangenen Wochen war zwischen Tschechien und Deutschland nicht immer alles eitel Sonnenschein. Besonders über den Umgang mit den vielen Flüchtlingen hegen Politiker in Berlin und Prag teils sehr unterschiedliche Meinungen. Das war aber nicht zu spüren beim Besuch von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in Tschechien.
„Ich habe Herrn Schäuble erläutert, dass mein Land eine andere Geschichte hat beim Zuzug von Menschen. Es ist wichtig, dass die großen EU-Staaten unsere Argumente anhören. Wir wollen durchaus solidarisch sein, aber vor allem wollen wir, dass die EU und die Europäische Kommission das Problem beschleunigt lösen und Regeln schaffen.“
Wolfgang Schäuble betonte, in Europa müsse es Solidarität geben für das geplante Abkommen mit der Türkei. Der Bundesfinanzminister unterstützte in diesem Sinn ausdrücklich auch etwas, das tschechischen Politikern am Herzen liegt:„Wir stimmen völlig überein, dass Europa eine bessere Kontrolle über seine Außengrenzen erreichen muss. Dazu ist auch wichtig, dass wir in den Verhandlungen mit der Türkei rasch zu einem positiven Abschluss kommen.“
Und in Prag dürfte man auch gerne vernommen haben, was der CDU-Politiker noch anfügte:
„Darüber hinaus muss man einem deutschen Politiker, der schon 1991 – also kurz nach der Wiedervereinigung – Innenminister gewesen ist, nicht lange erklären, dass unterschiedliche Gesellschaften unterschiedlich Zeit brauchen, um sich ein Stück weit an eine große Zahl von Menschen aus anderen Ländern zu gewöhnen. Und wenn wir in Europa erfolgreich sein wollen, dann müssen wir uns gegenseitig verstehen und aufeinander Rücksicht nehmen. Wir beide tun das.“Dass sich Babiš und Schäuble verstehen, hoben beide aber auch in Finanzfragen hervor. Und das betrifft sowohl eine sparsame Haushaltspolitik als auch den Kampf gegen Steuerhinterziehung. Denn Tschechien drängt zusammen mit der Slowakei und Österreich darauf, beim Mehrwertsteuerbetrug den Tätern das Handwerk zu legen. Babiš von der Partei Ano verspricht sich dabei sehr viel von der Einführung der sogenannten Reverse Charge. Bei diesem Verfahren ist die Steuerschuldnerschaft umgedreht: Nicht der leistende Unternehmer muss die Umsatzsteuer entrichten, sondern der Leistungsempfänger.
„Die EU-Finanzminister werden endlich darüber sprechen. Minister Schäuble hat mir versichert, er teile meine Befürchtungen oder besser: meine Unzufriedenheit, dass die Europäische Union sich mit dem Problem nicht beschäftigt“, so Andrej Babiš.Und Schäuble bestätigte dies auch vor den Journalisten:
„Wir werden in der Vorbereitung auf die Beratungen der europäischen Finanz- und Wirtschaftsminister im Januar darauf hinarbeiten, dass wir hier mehr Flexibilität in Europa tatsächlich erreichen können.“
Im Oktober hatte die Europäische Kommission noch einen tschechischen Vorschlag zur umgekehrten Steuerschuldnerschaft vom Tisch gefegt.