Keine EU-Flüchtlingsquoten, aber was dann? Regierung ist sich uneins
Die Flüchtlingskrise in der Europäischen Union verschärft sich. Nachdem sich die Innenminister der EU-Länder diese Woche nicht auf eine Quotenregelung einigen konnten, machen einige Staaten ihre Grenzen dicht. Andere wie Italien öffnen sie hingegen für viele Tausend Flüchtlinge aus Afrika. Es herrscht also Chaos. Doch nicht anders ist das bei den Vorstellungen der tschechischen Regierungskoalition zur Migrationspolitik.
Die meisten Flüchtlinge, die Tschechien passieren, kommen über den Balkan. Und genau dort will Ungarn bis Mittwoch kommender Woche einen vier Meter hohen Zaun bauen – an der Grenze zu Serbien. Für den tschechischen Außenminister Lubomír Zaorálek ist das keine Lösung:
„Dies ist das verzweifelte Bemühen, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Es wäre besser, wenn die Länder zusammenarbeiten und nicht Zäune errichten würden.“Innenminister Milan Chovanec, ein sozialdemokratischer Parteikollege von Außenminister Zaorálek und Premier Sobotka, hat sich diese Woche mit seinen Kollegen aus der EU beraten. Er zeigt Verständnis für das Vorgehen Budapests.
„Über Ungarn sind im vergangenen Jahr 55.000 Flüchtlinge in die EU gekommen. Sie stammten meist aus dem Kosovo, aber mittlerweile sind es auch Menschen aus Syrien und aus Afghanistan. Die ungarische Maßnahme ermöglicht, die Flüchtlinge zu registrieren, so dass diese nicht weiter in die EU gelangen“, so Chovanec.
Einen ähnlichen Zaun hat Bulgarien schon vor einem Jahr errichten lassen. So entsteht mehr und mehr die ominöse „Festung Europa“, die Hilfsorganisationen aus vielen Ländern kritisieren. Tschechien selbst beschränkt sich bisher auf verstärkte Kontrollen an den Grenzen zu Österreich.Zugleich herrschen hierzulande große Ängste, überhaupt Flüchtlinge aufzunehmen. Man muss sagen: mittlerweile. Denn in den 1990ern bot Tschechien vielen Tausend Bosniern Asyl, die vor dem Krieg in ihrem Land flohen. Im vergangenen Jahr erlaubten die tschechischen Behörden nur rund 400 Flüchtlingen den Aufenthalt hierzulande. Nur eine Partei in der Regierungskoalition hält das für zu wenig: die Christdemokraten. Deren Vorsitzender Pavel Bělobrádek nutzte die Abwesenheit von Innenminister Chovanec und verkündete: Man könne über 1000 Flüchtlinge aufzunehmen – allerdings nur, wenn man sie selbst aussuchen dürfe:
„Wir müssen uns nicht vor jenen Flüchtlingen fürchten, die aus christlichen Familien zu uns kommen und zwar, weil sie verfolgt werden und ihnen die Milizen des Islamischen Staates die Köpfe abschneiden. Sie muss man deutlich unterscheiden von den Wirtschaftsflüchtlingen.“Früher hatten bereits Regierungspolitiker gesagt, dass Syrer christlicher Herkunft willkommen seien.
Aber selbst bei eigener Auswahl sind Chovanec mehr Flüchtlinge zu viel. In einem Zeitungsinterview sagte der Innenminister, Bělobrádek habe seine private Ansicht zum Besten gegeben, die Regierung habe bisher keine Erhöhung der Aufnahmequote beschlossen. Auch weil die Meinungen der Koalitionspartner auseinanderdriften, hat die Opposition eine Sondersitzung durchgesetzt. Am Donnerstagabend soll nun im Abgeordnetenhaus über die Flüchtlingskrise der EU diskutiert werden. Dies ist auch als Vorbereitung auf den EU-Gipfel kommende Woche gedacht, bei dem es um Quoten und Grenzsicherung geht.