Auf der Bühne, im Museum und auf der Leinwand – Tschechische Kultur in Österreich
Tanz und Wissenschaft, Geschichte und Dokumentarfilm – das sind die Themen, mit denen das Tschechische Zentrum in Wien in den Frühling startet. Einen Überblick über ausgewählte Programmpunkte der nächsten Wochen gibt der Leiter des Kulturzentrums, Martin Krafl.
„Es scheint gruselig, aber es handelt sich nicht um gefährliche Zombies! Es geht um die Zusammenarbeit zweier tschechischer Künstler mit einem griechischen Choreographen, und zwar Anna Prokopová, Petr Ochvat und Costas Kekis. Sie setzen sich mit den aus der Populärkultur bekannten Zombies auseinander, die für sie Körpermaterial zwischen den Rhythmen des Wartens und Angriffs darstellen. Mit ihrer Unproduktivität unterwandern die Zombies das Effizienzdenken unserer Zeit. Die spezielle Choreographie haben die drei Künstler für das Tanzfestival ImageTanz/brut Wien vorbereitet und das Tschechische Zentrum Wien unterstützt die Teilnahme der tschechischen Künstler.“
Könnten sie uns die beiden noch ein wenig näher vorstellen?„Anna Prokopová und Petr Ochvat sind für uns keine Unbekannten mehr, denn wir haben bereits ihre Teilnahme beim Workshop DanceWeb Vienna 2012 unterstützt. Anna Prokopová lebt in Österreich, wo sie als Tänzerin und Choreographin arbeitet. Sie ist mehrmals bei den Tanzfestivals Zeitraumexit Mannheim oder Tanec Ostrava aufgetreten. Petr Ochvat ist Performer in Theater- und Filmprojekten. Er bewegt sich an der Schnittstelle von Breakdance und zeitgenössischem Tanz.“
Das Ganze ist zu sehen in der nächsten Woche im Wiener Künstlerhaus?
„Genau, am 17. und 18. März jeweils um 18 Uhr.“Ein großes Ereignis aus dem Bereich der Geschichtswissenschaften steht im April bevor. Sie unterstützen eine Konferenz, die auf das Jubiläum 500 Jahre Wiener Kongress zurückblickt…
„Genau. Wir widmen uns der habsburgisch-jagiellonischen Doppelhochzeit im Wiener Stephansdom von 1515, sowie ihren politisch-kulturellen Hintergründen und ihren Auswirkungen auf die Neuzeit. Stattfinden wird sie im Kunsthistorischen Museum in Wien. Wir werden uns dem Thema aus den Blickwinkeln historische Fakten, Politik, Zeremonie sowie Kunst und Literatur annähern. Unter den 20 Wissenschaftlern aus Mitteleuropa ist die Tschechische Republik mit Antonín Kalous, dem Vize-Dekan der Universität Olomouc / Olmütz und Jiří Fajt, dem Direktor der Tschechischen Nationalgallerie vertreten.
Was genau ist denn der spezifisch tschechische Aspekt an dem Thema?„Das Tschechische Zentrum Wien hat dazu gemeinsam mit den Kollegen aus Polen, Ungarn und der Slowakei eine spezielle virtuelle Ausstellung vorbereitet. Es handelt sich um eine zweisprachige, reich illustrierte Webseite zu dem Thema des Symposiums. Sie wurde unter Leitung von Dr. Matthias Pfaffenbichler konzipiert. Er ist der Direktor der Hofjagd- und Rüstkammer des Kunsthistorischen Museums Wien. Die Ausstellung wird ein Jahr lang auf der Webseite des Museums abrufbar sein und enthält Abbildungen aus tschechischen, slowakischen, polnischen und ungarischen Archiven sowie aus den Sammlungen des Kunsthistorischen Museums. Ergänzt werden sie durch Kurzinformationen zu den Themenfeldern Adelige, wichtige Städte und historische Ereignisse um 1515 auf den Gebieten der heutigen Länder Tschechien, Polen, Slowakei und Ungarn. Mit dieser Ausstellung hat jeder die Chance, sich mit diesem Thema aus heutiger Sicht zu beschäftigen.“
Ein weiteres geschichtliches Thema wird im Rahmen einer Lesung in Wien behandelt. Helga Pollak-Kinsky wird aus ihren Erinnerungen lesen. Worum geht es genau?„Um Theresienstadt, genauer gesagt, das Ghetto und Konzentrationslager Theresienstadt. Helga Pollak-Kinsky ist Wienerin, sie wurde dort am 28. Mai 1930 und lebt heute wieder in Wien. Mit zwölf Jahren wurde sie ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie bis zum Transport nach Auschwitz im Mädchenheim L 410, Zimmer 28 lebte. Die Zeitzeugin ist Trägerin des Deutschen Bundesverdienstkreuzes. Ihr authentisches Kindertagebuch trägt den Titel ‚Mein Theresienstädter Tagebuch 1943-1944‘. Das Buch ist ergänzt mit Kalendereintragungen ihres Vaters Otto Pollak. Gemeinsam mit der Autorin wird aus dem Tagebuch Marianna Leschik lesen. Sie ist die Gewinnerin des europaweiten Übersetzungswettbewerbs für 17-jährige Schülerinnen und Schüler. Umrahmt wird der Abend außerdem von dem Gitarristen Martin Škubal. Wiener Kinder werden außerdem Auszüge aus der Kinderoper Brundibar spielen. Die ganze Veranstaltung findet am 21. April im Haus der Europäischen Union in Wien statt.“
Von Film, Geschichte und Literatur kommen wir nun noch zum Film. Das tschechische Zentrum unterstützt jedes Jahr das Filmfest Crossing Europe in Linz. Was wird denn dieses Jahr dort laufen?„Es ist für uns immer sehr spannend, weil wir dem Festival viele tschechische Dokumentarfilme anbieten, und die Leitung des Festivals natürlich selbst entscheidet, was dann gezeigt wird. In diesem Jahr haben wir zusammen mit dem Festival die Regisseurin Eva Tomanová nach Linz eingeladen. Dort wird ihr Dokumentarfilm Stále spolu (Always together) gezeigt. Sie beschäftigt sich mit dem Leben eines Paares, das 25 Jahre lang mit neun Kindern in einem Wohnwagen lebt und kein gewöhnliches sesshaftes Familienleben führt. Eva Tomanová kommt nach Linz und wird auch für ein Filmgespräch zur Verfügung sein.“
Das Ganze dann im April.
„Genau, zwischen dem 23. und 28. April. Das Festival wird die genauen Daten in dieser Woche auf seiner Webseite bekannt machen.“
Alle weiteren Informationen zum Programm des Tschechischen Zentrums in Wien finden sich unter der Adresse www.wien.czechcentres.cz.