Rekordsumme für Forschung – dennoch EU-Ziele verfehlt
Tschechien ist zwar ein stark industrialisiertes Land, doch ein Bereich hinkt immer noch hinterher: die Forschung. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder. So verfehlt Tschechien deutlich das Lissabon-Ziel bei der Finanzierung von Forschung und Entwicklung. Doch für dieses Jahr stellt die Regierung in Prag so viel Geld bereit für diesen Bereich wie noch nie. Außerdem soll die Nutzung der Gelder effizienter werden.
„Ich bin froh, dass wir über den Rat für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung die höchste Fördersumme seit jeher in den öffentlichen Haushalten zur Verfügung haben werden. Es ist also nicht richtig, dass die Ausgaben des Staates für Forschung und Entwicklung sinken würden.“
Insgesamt hält die öffentliche Hand in diesem Jahr 26,9 Milliarden Kronen (960 Millionen Euro) für tschechische Forschungsinstitutionen bereit. Das sind fast fünf Prozent mehr als 2014. Doch Bělobrádek bekennt, dass die Ziele der Europäischen Union immer noch nicht aus eigener Kraft erreicht werden.
„Nicht zufrieden sein kann ich damit, dass die Ausgaben der öffentlichen Hand für Forschung und Entwicklung nicht bei 1,0 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen, wie es die Lissabon-Strategie vorschreibt. Sie machen nur 0,7 Prozent des BIP aus. Immerhin sind wir in den vergangenen Jahren jeweils durch die Zuschüsse aus den Europäischen Fonds sogar über die Ein-Prozent-Marke gekommen“, so der Christdemokrat.Um Europa zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, hatten die EU-Staats- und Regierungschef damals in Lissabon aber noch weitere Ziele vereinbart. Das wichtigste davon lautet: Die Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung, also nicht nur die der öffentlichen Hand und durch EU-Gelder, sollten mindestens 3,0 Prozent des BIP betragen. Während Deutschland schon 2012 an dieses Ziel fast herankam, wird Tschechien mit maximal 1,8 Prozent erneut deutlich darunter liegen. Pavel Bělobrádek sagt, Unternehmer würden hierzulande viel zu wenig Geld für Forschung ausgeben. Dies sieht der Leiter der Akademie der Wissenschaften, Jiří Drahoš, genauso:
„Die Unternehmen haben nur etwas mehr als ein Drittel Anteil an den Ausgaben für Forschung und Entwicklung. In unseren Nachbarstaaten liegt dieser Anteil mehr als doppelt so hoch. Hier bestehen also noch große Reserven.“Die Frage ist also: Wie lassen sich Firmen zu mehr Investitionen in den genannten Bereich bringen? Das eine sind Anreize wie Steuer-Abschreibungen. Das andere aber ist eine effektivere Verteilung der Forschungsgelder. Denn bisher werden die Fördermittel über elf verschiedene Ministerien und Institutionen weitergeleitet. Laut Vizepremier Bělobrádek führt dies unter anderem zu Doppel-Förderungen. Die Regierung plant daher, ein eigenes Amt oder sogar Ministerium zu schaffen. Das hält Jiří Drahoš durchaus für sinnvoll.
„Es ist wahr, dass hierzulande die Fördermittel unkoordiniert vergeben werden. Es wird auch nicht ausgewertet, wie effizient sie verteilt wurden. Diese Aufgabe sollte das Amt oder Ministerium, wie auch immer wir es nennen wollen, übernehmen.“Politiker der Opposition befürchten jedoch, dass ein neues Ministerium den Staatshaushaltzusätzlich belasten könnte.