Förderung von Spitzenwissenschaftlern: Tschechien hinkt bei Abschöpfung von EU-Geldern hinterher

Tschechischen Wissenschaftlern gelingt es bisher eher selten, Projektgelder des Europäischen Forschungsrates zur Exzellenzförderung an Land zu ziehen.

Foto: European Research Council

Die Fördergelder des Europäischen Forschungsrates (European Research Council, ERC) werden für bahnbrechende Projekte und herausragende Wissenschaftler vergeben. Nach Tschechien gelangen diese Mittel viel zu selten – so war es auf der Konferenz „Tschechische Tage für die europäische Forschung“ zu vernehmen, die vor zwei Wochen in Prag stattfand. In den vergangenen 15 Jahren wurden hierzulande nur 68 Projekte vom ERC unterstützt. Dies geht aus den Statistiken des Technologischen Zentrums hervor.

„Dies ist unglaublich wenig. Und zwar nicht nur im Vergleich mit anderen Ländern, sondern auch angesichts der personellen Qualitäten und Talente hierzulande. Das System sollte eigentlich so funktionieren, dass Tschechien einen vergleichbaren Anteil dieser Fördermittel bekommt, denn sie sind heute schon Standard. Und sie sind eine Art Messlatte für die Talentförderung in jedem Land. Dabei versagt Tschechien.“

Fakultät für Mathematik und Physik | Foto: Karelj,  public domain

Dieses klare Urteil fällt Zdeněk Strakoš von der Fakultät für Mathematik und Physik an der Prager Karlsuniversität. Daran müsse unbedingt gearbeitet werden, fordert der Professor, denn es gehe nicht nur um das Prestige, sondern auch um eine finanzielle Absicherung.

ERC-Gelder ermöglichen es nämlich, eine Zeit lang in Ruhe an einem Projekt arbeiten zu können – auch wenn es letztlich in einer Sackgasse endet. Für eine fünfjährige Forschungsdauer werden eine bis zweieinhalb Millionen Euro vergeben. Die Entscheidung trifft eine je nach Fachgebiet besetzte Kommission des EU-Forschungsrates. Auf jede Ausschreibung kommen im Schnitt zehn Bewerber. Die meisten tschechischen Wissenschaftler oder Teams würden meist schon in der ersten Runde ausscheiden, berichtet Hana Cáchová vom Institut für organische Chemie und Biochemie der tschechischen Akademie der Wissenschaften. Sie schildert ihre eigenen Erfahrungen:

„Ich habe mich nun schon zum vierten Mal beworben. Bei den ersten drei Versuchen war ich zwar nah dran, habe den Zuschlag aber noch nicht bekommen. Diesmal hat es jedoch geklappt. Zum einen, weil wir eine erfolgreiche Publikation über unsere wirklich interessante Forschung vorweisen können. Und zum anderen, weil ich es endlich gelernt habe, gute Förderanträge zu schreiben.“

Pavel Tomančák vom Max-Planck-Institut in Dresden | Foto: ÚOCHB ČR

Wer vom ERC gefördert wird, kann als exzellenter Wissenschaftler gelten. Zu ihnen gehört auch Pavel Tomančák, Leiter des Forschungszentrums für Technologie der Masaryk-Universität in Brno / Brünn (CEITEC). Tomančák war 20 Jahre lang am Max-Planck-Institut in Dresden tätig. Dort sei die Finanzierung mit ERC-Fördergeldern eine Selbstverständlichkeit, wie Tomančák sagt. Er selbst habe diese Mittel zweimal ausschöpfen können, und am wichtigsten sei dafür eine gute Präsentation der eigenen Forschungen:

„In Dresden haben wir uns über unsere Arbeiten untereinander ständig und intensiv ausgetauscht. Und wir präsentierten sie auch Kollegen mit großen wissenschaftlichen Erfahrungen, die sich nicht scheuten, uns Junior-Forschern Ratschläge zu geben. Wenn man mehrere Jahre lang in einer solchen Umgebung aufwächst, dann lernt man auch, die richtigen Fragen zu stellen. Darauf kommt man nicht von allein.“

In der Wissenschaftslandschaft Tschechiens würde solch eine Diskussionskultur bisher fehlen, fügt Tomančák hinzu.

Dies zu ändern, ist ein Ziel des Technologischen Zentrums in Prag, in dem mehrere Institute der Akademie der Wissenschaften mit dem Unternehmen Technology Management zusammenarbeiten. Seit zehn Jahren schon bietet die Einrichtung Workshops für Nachwuchswissenschaftler an, bei denen es um die richtige Präsentation von Forschungsprojekten geht. Diese Fähigkeit soll ihnen unter anderem einen besseren Zugriff auf EU-Gelder zur Spitzenförderung ermöglichen.