Debatte nach Zeman-Äußerungen: Schulministerium will Inklusion stärken
Es ist schon fast zum wöchentlichen Ritual geworden. Staatspräsident Zeman äußert sich zu einem Thema, wie üblich in drastischen Worten. Danach bricht eine Welle der Kritik über ihn herein, und nach kurzer Zeit lässt der Präsident mitteilen, so sei es ja alles gar nicht gemeint gewesen, er werde nur einmal mehr böswillig interpretiert. Nicht anders war es vergangene Woche, als sich das Staatsoberhaupt gegen den gemeinsamen Schulunterricht von Behinderten und Nicht-Behinderten aussprach.
„Ich vertrete nicht die Ansicht, dass Kinder, die auf eine bestimmte Weise behindert sind, gemeinsam mit Nicht-Behinderten unterrichtet werden sollten. Für beide Seiten ist das ein Unglück.“
Er habe nur einen Beitrag zur Debatte über Inklusion leisten wollen und sei nur in manchen Fällen gegen den gemeinsamen Schulbesuch, ließ Zemans Sprecher tags darauf verbreiten. Da befand sich der Präsident bereits in der Defensive. Politiker und Fachleute äußerten sich fast einstimmig ablehnend. Klára Laurenčíková ist die Vorsitzende der Tschechischen Gesellschaft für integrative Bildung:
„Der Präsident will mit seiner Äußerung in gewisser Weise den Status quo aufrechterhalten. Das bedeutet meiner Meinung nach einen Rückfall in die Zeiten des Totalitarismus, als behinderte Kinder nicht nur gesondert von sogenannten normalen Kindern unterrichtet, sondern auch komplett ausgeschlossen wurden. Als Erwachsene hatten sie fast keine Chance, ein funktionierender Teil der Gesellschaft zu werden. Meist lebten sie in abgeschlossenen Einrichtungen. Diese Äußerungen führen nun eher zu einer Radikalisierung der Gesellschaft, anstatt zu größerem Zusammenhalt und Solidarität.“Kritik an Zeman kam auch von der Regierung. Premier Bohuslav Sobotka (ČSSD) sprach sich ausdrücklich dafür aus, dass alle Kinder gemeinsam aufwachsen sollten. Schulminister Marcel Chládek (ČSSD) vereinbarte unterdessen ein klärendes Gespräch mit Zeman. Vor dem Termin diesen Mittwoch bekannte auch er sich zur Inklusion:
„Wir müssen gewissenhaft und Schritt für Schritt Bedingungen schaffen, damit so viele Schüler mit Behinderung wie möglich in das allgemeine System aufgenommen werden können. Diese Bedingungen müssen dergestalt sein, dass weder sie noch die anderen Kinder in der Klasse davon Nachteile haben. Das bedeutet, wir brauchen mehr Assistenten in der Schule und mehr Psychologen, so dass die Inklusion in der Praxis auch wirklich gut gelingen kann.“Vor allem auf dem Land sind barrierefreie Schulen nur schwer zu erreichen. Zudem stellt die Finanzierung eines persönlichen Assistenten, der die Kinder während des Schulalltags begleitet, viele Familien vor Probleme. Dennoch besuchen bereist über 70 Prozent der Kinder mit geistigen oder körperlichen Behinderungen die Regelschulen. In Zukunft soll dieser Anteil noch steigen.
Vorgesehen sei das auch im Vorschlag für das neue Schulgesetz. Damit sollen für Kinder mit besonderen erzieherischen Bedürfnissen bessere Bedingungen geschaffen werden, so der Schulminister weiter. Über die Novelle des Schulgesetzes von 2004 wird derzeit im Abgeordnetenhaus verhandelt.