Anti-Islamismus in Tschechien: Rechtspopulist Okamura ruft zur Schikane von Muslimen auf
Es klingt wie Satire, was der Rechtspopulist Tomio Okamura vor wenigen Tagen auf seinem Facebook-Profil veröffentlicht hat. Um den Muslimen in Tschechien zu zeigen, dass sie hier nur zu Gast seien, solle man doch einfach Hunde und Schweine in der Nähe von Moscheen ausführen, heißt es dort. Doch dem Politiker von der Partei „Morgenröte der direkten Demokratie“ (Úsvit přímé demokracie) ist es ernst mit seinem 25-Punkte-Plan. Auch nach Protesten in den Medien verteidigte Okamura das bizarre Pamphlet. Die muslimische Gemeinde will nun gerichtlich gegen die Hetze vorgehen.
Eigentlich hat sich Tomio Okamura schon längst ins politische Abseits befördert. 2013 ist der Rechtspolitiker, Sohn einer Tschechin und eines Japaners, ins Parlament eingezogen, fast sieben Prozent stimmten damals für die Úsvit-Partei. Regelmäßig polarisiert Okamura mit Angriffen auf Minderheiten wie Roma und Muslime. Der Anteil der islamischen Bevölkerungsgruppe wird hierzulande auf höchstens 20.000 Personen geschätzt. Als die jüngste Attacke durch die Medien sickerte, beeilte sich Okamura zwar mitzuteilen, dass er nicht der Autor sei, sondern einer seiner Parteikollegen. Auf Distanz zu dem Hass-Pamphlet geht er jedoch keineswegs, wie er im Tschechischen Fernsehen verlauten ließ:
„Dieser Beitrag stimmt prinzipiell mit dem Programm der Úsvít-Partei überein. Das bedeutet, dass wir alles unternehmen werden, damit Tschechien keinen Schaden durch radikale Islamisten nimmt. Wahr ist aber auch, dass man eine diplomatischere Sprache hätte wählen sollen. Wenn ich den Text geschrieben hätte, hätte ich nicht von Schweinen und vom Kebab gesprochen.“Okamura steht also weiter zum Inhalt eines Textes, der auch dazu aufruft, Lokale in muslimischen Vierteln doch einfach „Zum glücklichen Schweinchen“ zu benennen und bloß keinen Döner zu essen oder in muslimischen Läden einzukaufen. Toleranz gegenüber Muslimen sei nicht angebracht, schließlich hätten diese umgekehrt auch keinerlei Verständnis für die westliche Kultur. Selbst manchen politischen Mitstreitern von Okamura geht die absurde Anleitung zum Anti-Islamismus zu weit.
„Es könnte unterhaltsam sein, wenn es nicht so traurig und tragisch wäre“, sagte Milan Šarapatka, der als Parteiloser für die Úsvít-Partei im Parlament sitzt. Der Ex-Diplomat, der lange Zeit in islamischen Ländern gelebt hat, will sich nun bei Úsvít nicht mehr mit außenpolitischen Fragen auseinandersetzen. Die muslimische Gemeinde in Tschechien erwägt unterdessen rechtliche Schritte gegen Okamura. Der Vorsitzende Muneeb Hassan Alrawi sagte gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks, dass es sich nicht um die erste Provokation dieser Art handle:„Wir ziehen eine Anzeige in Betracht, allerdings muss ich sagen, dass ich da keine großen Chancen sehe. Wir warten erst einmal ab, was die Polizei und die Justiz unternehmen. Versuchen werden wir es aber.“
Die etablierten Politiker üben sich bisher in Zurückhaltung. Jiří Dienstbier, Minister für Menschenrechte in der Mitte-Links-Regierung, lehnte es ab, zu den jüngsten Ausfällen Okamuras Stellung zu beziehen. Am Sonntag teilte er mit, er werde dessen „hasserfüllte Äußerungen“ nicht kommentieren. In den Medien wurde die Veröffentlichung auch als Verzweiflungstat der Splitterpartei interpretiert, die nach dem Einzug ins Parlament erheblich an Zustimmung verloren hat. Bei den Wahlen zum EU-Parlament scheiterte Úsvít im vergangenen Jahr mit drei Prozent. Eine weitere Rolle spielt laut Kommentator Ondřej Konrád vom Tschechischen Rundfunk der jüngste Erfolg des populistischen Anti-Islamismus in Deutschland:
„Úsvit hat keine Möglichkeit, eine Mehrheit der Bevölkerung anzusprechen, und so setzt die Partei auf rassistisch angehauchte Themen. In Übereinstimmung mit den tschechischen Neonazis und deutlich beeinflusst von der Dresdner Bewegung Pegida gegen die Islamisierung des Westens richtet sich die Partei nun gegen die Muslime.“Eine Übereinstimmung zu Deutschland gibt es auch in der Reaktion auf die Medienschelte. Während die Pegida-Anhänger in Deutschland von der „Lügenpresse“ schreien, bezeichnete Okamura auf seiner Facebook-Seite die Medien in Tschechien inzwischen als „manipuliert“.