Tschechien erinnert an Jan Palach
An vielen Orten Tschechiens wird der Selbstverbrennung von Jan Palach gedacht. Am 16. Januar, vor genau 45 Jahren, hatte sich der Student am Wenzelsplatz in Prag angezündet. Durch sein Opfer wollte er die Bürger der Tschechoslowakei aus jener Lethargie reißen, die sich in der Gesellschaft nach der Okkupation durch die Warschauer-Pakt-Staaten verbreitet hatte.
„Plötzlich lief ein brennender Mensch an mir vorbei. Er brannte von Kopf bis Fuß. Ich zog schnell meinen Mantel aus und bemühte mich, ihn abzudecken. Er stürzte dabei auf die Straße, ich sprang auf ihn und habe ihn mit dem Mantel bedeckt. Auch andere Menschen gaben ihre Mäntel, wir haben das Feuer gelöscht und den Jungen anschließend in die Klinik in der Legerova-Straße gebracht.“
Dort ist Jan Palach drei Tage später gestorben. Palachs Begräbnis wurde zu einer Manifestation für Freiheit und Demokratie. 200.000 Menschen nahmen am Trauermarsch in Prag teil. Marie Stříbrná war eine seiner Kommilitoninnen:„Beim Umzug herrschte eine solche Stille, dass man eine Stecknadel hätte hören können, wenn sie auf den Boden gefallen wäre. Es war eine große Protestaktion. Ich war sehr traurig, denn er war mutiger als wir und konnte seine Wahrheit zum Ausdruck bringen.“
Auch Václav Hanák war ein Freund und Kommilitone von Palach:„Mit Abstand kann ich sagen, dass sich Jan für die Wahrheit bis zum Äußersten geopfert hatte. Er wollte nicht in der Lüge leben. Motiv für sein Heldentum war nicht Eitelkeit. Er hat es für sich selbst gemacht und gehofft, die Gesellschaft dadurch wachrütteln zu können. Er war ein ehrlicher Mann.“
Erst zwanzig Jahre später, im Januar 1989, folgten die Menschen seinem Appell. Während der so genannten Palach-Woche erlebte Prag die umfangreichsten antikommunistischen Proteste seit Ende der 1960er Jahre.