Festival „Mitte Europa“: trotz Hochwasser wird musiziert
Am Sonntag startet das 22. Musikfestival „Mitte Europa“. Rund 60 Veranstaltungen stehen auf dem Programm: Konzerte klassischer Musik und weiterer Musikgenres, aber auch Ausstellungen, Workshops und Symposien. Die Veranstaltungsorte liegen in Bayern, Böhmen und Sachsen. Es sind historische Baudenkmäler, aber auch ehemalige Industrieanlagen nicht nur in Städten, sondern auch in kleinen Gemeinden. Das Motiv für die Veranstaltung ist seit der Gründung des Festivals der deutsch-tschechische Kulturaustausch sowie die Wiederbelebung der in Vergessenheit geratenen Region im deutsch-tschechischen Dreiländereck. Radio Prag hat wenige Tage vor der Eröffnung mit dem Gründer und künstlerischen Leiter des Festivals, Thomas Thomaschke gesprochen:
Herr Thomaschke, ich beginne mit der aktuellen Lage. Das Festivalbüro von „Mitte Europa“ sitzt im sächsischen Pirna. Die Stadt wurde vor Kurzem, so wie viele andere Städte und Gebiete, vom Hochwasser betroffen. Wie hat das Festival die Überschwemmungen überstanden?
„In Pirna mussten wir in der letzten Woche das Büro schließen. Wir haben ein wenig Glück gehabt, was das Wasser betrifft. Das Wasser hat 70 Zentimeter vor der Tür aufgehört. Es gab aber keinen Strom, deswegen war keine Arbeit möglich. Meine Frau und ich wohnen auch in der Altstadt, und wir wurden evakuiert. Da wir noch im Adlergebirge in der Tschechischen Republik eine Bleibe haben, konnten wir dort sozusagen die ganze Arbeit für das Büro machen, wir hatten dort einen Internet-Anschluss und Telefon. Bis jetzt sind wir nicht einmal zurückgekehrt. Wir hoffen, dass die Arbeit auch in Pirna wieder beginnen kann, obwohl wir zu Anfang des Festivals mit unserem Büro immer in die sächsische Stadt Plauen umziehen. Denn drei Viertel aller Veranstaltungen finden in diesem Radius statt, so dass Plauen ein Standquartier ist, und dort gibt es kein Hochwasser.“
Das Festival wird am kommenden Sonntag eröffnet. Wo wird es in diesem Jahr sein?„Die Aufgabe des Festivals ist es, Orte ins Bewusstsein der Menschen, die in diesen Regionen leben, zurückzuholen. Und die Eröffnung ist diesmal in Marktredwitz auf der bayerischen Seite. Denn wir haben immer einen Zyklus: In einem Jahr wird das Festival in Sachsen eröffnet, das darauffolgende Jahr in der Tschechischen Republik und danach in Bayern. Dieses Jahr ist Bayern dran. In Marktredwitz gibt es sehr schöne Kirchen, aber auch ein Industriedenkmal, was schon über hundert Jahre alt ist: eine große Manufaktur für Spiegel- und Tafelglas, die Mitte der 1980er Jahre die Produktion eingestellt hat. Jetzt besteht die Frage, was man mit einem solchen Industriegebäude machen soll. Es ist architektonisch wirklich bedeutend, man sollte es erhalten. Deswegen werden wir die Ersten sein, die in dieser leeren Fabrikhalle, in der so genannten ‚Glasschleif’ ein Konzert veranstalten.“
Es ist eine Tradition des Festivals, dass in Deutschland tschechische Musiker spielen und umgekehrt. Wer wird also in Marktredwitz spielen?„In Marktredwitz wird die Talich-Kammerphilharmonie spielen. Jiří Bárta als bekannter Cellist wird Solist des Abends sein, und Leoš Svárovský wird dirigieren. Und davor gibt es wieder einen Festakt, bei dem junge sächsische Musiker auftreten. Es ist ein bisschen das System, dass tschechische Musiker in Deutschland und deutsche in Tschechien spielen, aber es sind natürlich im Festivalprogramm noch 16 bis 18 weitere Nationen vertreten. Ich denke, es ist wichtig, dass in den Grenzregionen auch internationale Künstler kommen. Sie tragen dann das Gedankengut und die Eindrücke, die sie vor Ort gehabt haben, in die Welt hinaus - und das ist für die Region sehr gut.“
Das Festival „Mitte Europa“ dauert bis zum 4. August. Über seine Programmhöhepunkte werden wir Sie in unseren weiteren Sendungen noch informieren.