Rudolf II. und Meister der graphischen Kunst
In diesem Jahr sind 400 Jahre seit dem Tod von Kaiser Rudolf II. vergangen. Unter seiner Regierung ist Prag zur Residenzstadt der Monarchie geworden. Der Kaiser ist als ein großer Kunstliebhaber und Mäzene bekannt geworden. Neben anderen namhaften Künstlern arbeiteten an seinem Hof auch hervorragende Graphiker. Anlässlich des 400. Todestags von Rudolf II. hat die Prager Nationalgalerie eine Ausstellung von Graphiken aus der Zeit Rudolfs II. zusammengestellt.
„Im 16. Jahrhundert erreichte die graphische Kunst ein hohes Niveau. Die Kunst der Graphiken entstand im 15. Jahrhundert. Im 16. Jahrhundert wurde die Technik des Kupferstichs und des Holzschnitts vervollkommnet. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erreichte der Kupferstich, der eine präzise und lange Ausbildung forderte, vor allem in Werken der niederländischen Künstler ihren Höhepunkt. Zu diesen Künstlern gehörten Hendrik Goltzius, Jan Müller oder Aegidius Sadeler. Sie sind alle mit Werken in der Ausstellung vertreten.“
Die ausgestellten Kunstwerke stammen aus der Sammlung von Graphik und Zeichnungen der Prager Nationalgalerie. Es sei nicht einfach gewesen, die einzelnen Exponate für die Ausstellung auszusuchen, sagt Alena Volrábová, die zweite Kuratorin:„Denn wenn eine Graphik als rudolfinisch bezeichnet wird, bedeutet es noch nicht, dass sie in Prag entstanden ist. Denn Graphiken entstanden damals – im Gegensatz zu anderen Kunstprodukten - in einem modernen Verfahren. Es konnte sein, dass die Vorlage für eine Graphik in Prag entworfen wurde, die Graphik selbst aber dann in den Niederlanden oder in Süddeutschland gedruckt wurde. Wir haben die Auswahl auf Werke beschränkt, die mit Prag verbunden sind.“
Und Blanka Kubíková ergänzt:„Wir haben die Künstler nach dem Kriterium ausgesucht, ob sie wirklich eine enge Beziehung zu Kaiser Rudolf II. und zu seinem Hof hatten. Es handelt sich also um Graphiken, die meist direkt dem Kaiser gewidmet waren. Die Künstler bemühten sich damals, Kontakt zum Kaiser zu knüpfen, um in ihm oder in jemandem von seinem Hof einen Mäzenen zu finden. Es waren vor allem Graphiker aus den Niederlanden wie Jan Sadeler oder Aegidius Sadeler, der Hofstecher von Rudolf II. war. Weniger bekannt ist Martino Rotta. Er war der erste bedeutende Graphiker, der in Prag für Kaiser Rudolf zu arbeiten begann. Weiter findet man hier Werke von weiteren namhaften Graphikern wie Hendrik Goltzius oder Lucas Kilian.“
Die rudolfinische Graphik ist Alena Volrábová zufolge außerordentlich schön. Alle Exponate seien Meisterdrucke, die zudem viele Themen bearbeiten, so die Kunsthistorikerin:
„Zu den beliebten Themen der Graphiker gehörten Porträts von Rudolf II. sowie Porträts von namhaften Persönlichkeiten, mit denen er zusammentraf. Ein weiteres beliebtes Motiv war die Stadt Prag. Zu den Exponaten gehört auch ein berühmter Blick auf Prag. Es ist ein Stadtbild im Großformat, das Aegidius Sadeler vom Stecher Johann Wächter in Nürnberg herstellen ließ. Wächter hatte viel Erfahrung mit Großformatbildern von Nürnberg. Die Graphik entstand nach einer Vorlage von Philipp van der Bossche, der Hofsticker war.“Zu weiteren typischen Motiven gehörten Geschichten aus der antiken Mythologie und verschiedene Allegorien. Vertreten sind auch Graphiken mit religiösen Motiven sowie mehrere Landschaftsbilder.
Im Palais Kinski sind auch Kupferstiche zu sehen, die anhand von Albrecht Dürers Zeichnungen entstanden. Alena Volrábová:
„Rudolf II. hat Albrecht Dürer sehr bewundert. Er bemühte sich, möglichst viele seiner Werke zu sammeln. Er besaß eine Reihe von herrlichen Zeichnungen von Dürer. Die Mehrheit davon befindet sich heutzutage jedoch in der Wiener Albertina. Anhand dieser Zeichnungen sind auch einige Kupferstiche entstanden.“Eine Besonderheit unter den Exponaten stellen Graphiken dar, auf denen Statuen oder Figurengruppen abgebildet sind. Blanka Kubíková:
„Adriaen de Vries war Hofbildhauer von Rudolf II. Einige seiner Plastiken wurden zu Motiven von Graphiken. In zwei Fällen handelt es sich um Zyklen von Graphiken, die eine konkrete Statue aus verschiedenen Blickwinkeln darstellen. Beispielsweise gibt es hier drei Kupferstiche mit Merkur, der Psyche entführt. Diese Figurengruppe von de Vries befand sich bis 1648 in Prag. Heutzutage ist sie im Pariser Louvre zu sehen. Der niederländische Kupferstecher Jan Müller, der Schüler von Hendrik Goltzius war, schuf die drei Stiche: die Statuengruppe wird von links, rechts und von hinten abgebildet. Damit wird ein dreidimensionaler Eindruck vermittelt.“ Eines der Exponate besonders hervorzuheben, findet Alena Volrábová schwierig. Es seien alles Juwelen aus der Graphik-Sammlung der Nationalgalerie, so die Kunsthistorikerin:„Ich persönlich finde die Graphik vom Vladislav-Saal der Prager Burg am interessantesten. Ich empfehle den Besuchern, sich die linke Ecke der Graphik genauer anzuschauen, dort ist ein zeitgenössischer Markt mit Graphiken zu sehen. Es ist nicht nur ein herrliches Genrebild, sondern auch ein schöner Kupferstich.“
In der Ecke des Marktes steht ein Stand von Aegidius Sadeler, der dort Graphiken verkauft. Dies ist ein Beweis dafür, wie der Markt mit Kunstwerken damals funktionierte. Die Kunden besuchten im 15. und 16. Jahrhundert aber oft auch die Werkstätten der Kupferstecher, um Graphiken zu kaufen.
Die Ausstellung „Rudolf II. und die Meister der Graphik“ ist im Palais Kinski auf dem Altstädter Ring bis zum 26. Mai 2013 zu sehen. Die Öffnungszeiten sind täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr.