Abgeordnete billigen Kirchenrestitution – Opposition warnt vor den Kosten
Spät in der Nacht von Freitag auf Samstag fiel im tschechischen Abgeordnetenhaus eine lang erwartete Entscheidung: Mit der Regierungsmehrheit billigte die Parlamentskammer die Restitution des Kircheneigentums. Nun will zwar die Opposition mit ihrer Mehrheit im Senat das Gesetz ablehnen. Doch das Abgeordnetenhaus kann den Senat anschließend überstimmen. Es ist also wahrscheinlich, dass die Glaubensgemeinschaften demnächst einen Teil ihres Eigentums zurückerhalten und für den anderen Teil entschädigt werden. Viele Gemeinden warten auf diese Entscheidung.
„Falls wir die Kirchenrestitution durchsetzen können, dann endet nach 22 Jahren eine Zeit der Unsicherheit. Viele Gemeinden sind in ihren Bau- und Wirtschaftsaktivitäten behindert, weil die Entscheidung über bestimmte Grundstücke noch nicht gefallen ist.“
„Es gibt keine Liste des Eigentums. Auch die finanzielle Schätzung des Eigentums ist sehr sonderbar. Und ganz grundsätzlich: Während fast alle anderen Bürger den Gürtel enger schnallen müssen, wird hier einfach etwas so hergeschenkt“, so der kommunistische Fraktionschef Pavel Kováčik.
Kirchenvertreter weisen aber darauf hin, dass der Staat zugleich spart: Derzeit erhalten die Glaubensgemeinschaften jedes Jahr umgerechnet 60 Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln für den Betrieb von Pfarreien und Ähnlichem. Mit der Restitution zöge sich der Staat aber dann schrittweise aus der Finanzierung zurück; jedes Jahr sollen fünf Prozent gestrichen werden.
Die Restitution bezieht sich eigentlich auf das Eigentum, das der Staat den Kirchen nach der kommunistischen Machtergreifung im Februar 1948 abgenommen hatte. Dass sich Kováčiks Partei gegen die Restitution stellt, hat daher einen Beigeschmack. Die KSČM hat sich von der damaligen KPTsch bisher nicht eindeutig distanziert.Aber auch die Sozialdemokraten sprechen sich vehement gegen die Restitution in der geplanten Form aus. Den Tag der Abstimmung bezeichneten sie als „Schwarzen Freitag für Tschechien“. Ihrer Ansicht nach bietet das Gesetz nicht genügend Abgrenzung gegenüber den Enteignungen, die der tschechoslowakische Staat noch vor der kommunistischen Machtergreifung, also zwischen 1945 und 1948 vorgenommen hatte. Parteichef Bohuslav Sobotka:
„Das kann eine neue Runde an Restitutionsforderungen von weiteren Seiten bedeuten, wie zum Beispiel den Adligen, die bisher keinen Erfolg bei der Restitution hatten. Wir befürchten, dass die Verabschiedung des Gesetzes die Eigentumsverhältnisse destabilisieren könnte, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch aufgrund der Beneš-Dekrete geschaffen wurden.“Die jetzt geplante Restitution ist allerdings ein Kompromiss, über den lange verhandelt wurde. Der dürfte sich schwerlich noch einmal wiederholen lassen, wollte man ein anderes Gesetz entwerfen.