Roma-Hass als Folge einer Lüge eines Fünfzehnjährigen
Im April sollen mehrere Roma einen fünfzehnjährigen Jungen im südmährischen Břeclav / Lundenburg zusammengeschlagen haben. Seine Verletzungen waren so schwer, dass ihm eine Niere entfernt werden musste. Das Ereignis löste Empörung aus und mehrere Tausend Leute protestierten gegen die Roma-Minderheit auf. Nun haben die Polizeiermittlungen allerdings ein neues Licht auf den Fall geworfen – der Junge hat gelogen.
Doch die angeblichen Täter blieben weiter unbekannt, die Polizei ermittelte weiter. In der vergangenen Woche kam dann das überraschende Ergebnis: Der Jugendliche hatte sich die schweren Verletzungen selbst zugefügt, als er Altersgenossen zeigen wollte, was er sportlich drauf hat. Bei akrobatischen Übungen stürzte er über ein Treppengeländer und fiel eine Etage tiefer. Die Roma-Geschichte gestand er dann, habe er aus Angst vor seiner Mutter erfunden.
Eine große Rolle in dem Fall hatten aber auch die Medien. Das sagt der Soziologe Jakub Macek:
„Die Medien lieben einfache Schemata. Eine personalisierte Konfliktgeschichte, die erzählt, wie jemand verletzt wurde, das ist toll für die Medien. Noch schlimmer ist aber: Die Medien lieben einfache Stereotype. Und ein solches Stereotyp, das in der tschechischen Gesellschaft in seit vielen Jahren lebendig sind, ist das vom Verhalten der Roma-Minderheit. Die Daten zeigen aber, dass Roma nur in wenigen Fällen mit dem typischen Bild von Gewalttätern übereinstimmen.“
In der Zeit der Online-Medien sei man gezwungen, möglichst schnell die Informationen zu verbreiten, ohne sie zu prüfen, fügt Macek hinzu.Die Mutter des Jungen hat sich mittlerweile für den Fall entschuldigt:
„Ich bin bereit, mich bei der Roma-Minderheit, bei den Einwohnern von Břeclav und bei allen zu entschuldigen, die der Fall berührt hat. Ich habe mich nur als Mutter verhalten und wollte niemanden verletzen und beschädigen.“
Der Verband der Roma in der Tschechischen Republik hat die Entschuldigung angenommen, erwägt aber trotzdem eine Anzeige. Für diesen Montag hat der Verband eine Sitzung nach Břeclav einberufen, um zusammen mit Vertretern örtlicher Roma über das weitere Vorgehen zu beraten. Der Vorsitzende der Roma-Gemeinschaft in Mähren, Karel Holomek, spricht sich für eine Strafanzeige aus, und zwar als psychologische Unterstützung für die zu Unrecht beschuldigten Roma der Stadt. Er würde dabei Vergehen wie die Verbreitung falscher Tatsachen, die falsche Zeugenaussage und die Unterstützung von Rassismus zu Geltung bringen. Zum Ergebnis einer Anklage zeigt er sich allerdings skeptisch. Doch die Arbeit der Polizei bezeichnete Holomek als korrekt:„Vom Anfang an wurden die Roma nicht als Täter bezeichnet. Im Gegenteil, man konnte zwischen den Zeilen lesen, dass die Polizei mit einer Alternative arbeitet, die sich schließlich als richtig erwiesen hat.“