Erinnerungen im Programm von Radio Prag
Lebenserinnerungen an alte Heimat, an eine Wanderung durch Nordböhmen sowie an das Reisen in die Tschechoslowakei vor der Wende. Unter anderem darum geht es diesmal in Ihren Briefen, Postkarten und Mails.
Nun aber wollen wir uns Ihren Reaktionen auf unsere Sendungen zuwenden. Fritz Andorf aus Meckenheim hat uns einen längeren Brief geschrieben, in dem er sich mit einigen unserer Beiträge etwas näher auseinandergesetzt hat:
„Sehr interessant waren die Lebenserinnerungen von Frau Meissner an ihre alte Heimat Aussig, die im Geschichtskapitel behandelt wurden. Allerdings wunderte es mich ein wenig, dass sie die Gräueltaten an Deutschen, die sich bei Kriegsende gerade in Aussig abgespielt haben, überhaupt nicht erwähnt hat. Auch über die Vertreibung ihrer Familie ging sie etwas leichtfüßig hinweg. Vielleicht wollte sie bei dem Besuch in ihrer Geburtsstadt aber auch keine schlafenden Hunde mehr wecken.“
Auf diese Bemerkungen kann der Autor des Beitrags in der Sendereihe „Kapitel aus der tschechischen Geschichte“, Marco Zimmermann, am besten reagieren.„Ernestine Meissner hat zu den Ereignissen in Ústí nur indirekt etwas sagen können; sie selbst war als Lehrerin in Schlesien eingesetzt und hielt sich nach Kriegsende in Komotau / Chomutov auf. Sie wurde dort, da sie keine Papiere besaß, die sie als Antifaschistin auswiesen, vertrieben beziehungsweise ausgewiesen. Sie konnte sich aber noch an einen Bericht ihres Bruders erinnern. Dieser war mit ihrem Vater, nachdem er von der Zwangsarbeit auf der Insel Sylt zurückgekehrt war, nach Ústí gefahren, um sich die Papiere zu besorgen, die sie als Antifaschisten auswiesen. Und dort haben die beiden Männer beobachtet, wie alle Männer versammelt und in Marschkolonnen abgeführt wurden. Als Soldaten auch sie abführen wollten, haben sie ihre Bescheinigungen als Antifaschisten vorgezeigt und durften dann nach Hause. Die Familien hatten dann das Recht, bei der Aussiedlung einen halben Eisenbahnwaggon an Eigentum mitzunehmen. Erna Meissner durfte aber nur einen Koffer mit 20 Kilogramm Gepäck mitnehmen. Ich muss jedoch sagen, dass sie im Interview und in den Gesprächen mit den Schülern das Thema nicht gemieden hat, aber nie verbittert oder anklagend gewesen war.“
Soweit Marco Zimmermann. Herr Andorf hat aber noch weiteren unserer Beiträge seine Aufmerksamkeit gewidmet und dazu geschrieben:„Das Leseverhalten der Tschechen – ein Thema im Kultursalon – dürfte etwa dem der Deutschen entsprechen. Unterschiede gibt es dabei zwischen Männern und Frauen und zwischen den Generationen. Natürlich ist dabei auch der Einfluss von Elternhaus und Schule maßgebend. Erstaunt war ich über das besonders dichte Netz von öffentlichen Büchereien in Tschechien. Aber sicher gibt es auch in Tschechien im Zeichen von Computer, Handy, Smart- und iPhone sowie E-Book in der Lesekultur einen Wandel. Dieser wird sich sicher im Ergebnis der weiteren Studie in drei Jahren widerspiegeln.“
Soweit Fritz Andorf. Auch in der folgenden Zuschrift von Klaus Nindel aus Dresden geht es um einen Beitrag aus der Sendereihe Kultursalon. Herr Nindel fügt dazu sogar seine eigene Erinnerung an:„Hallo Mitarbeiter der deutschsprachigen Redaktion, ich habe mir aufgrund des Kultursalon-Beitrages von Marco Zimmermann den Dokumentarfilm ´Mein Kroj´ mit viel Vergnügen am PC angesehen. Ganz prima! Vielen Dank für den Beitrag. Übrigens kenne ich die geschilderte Gegend um Česká Lípa / Böhmisch Leipa von Wanderungen her, die ich in den letzten Jahren in Nordböhmen machen konnte. So ist mir vor allem der Bahnhof von Česká Lípa in Erinnerung geblieben (den Martin Dušek leider nicht mit gefilmt hat). Dieser Bahnhof ist seit seinem Bau in österreichischen Zeiten der k. und k. Monarchie als Bestandteil der "Böhmischen Nordbahn" von 1869 sicher kaum verändert worden. Er besitzt noch das ursprüngliche Bahnhofsgebäude, das inmitten einer Vielzahl von Gleisen liegt, die keinerlei Bahnsteige haben. Auf welchem Gleis einer der aus verschiedenen Richtungen verkehrenden Züge ankommt beziehungsweise abfährt, kann man nur der jeweiligen Lautsprecheransage (in der Landessprache natürlich) entnehmen oder muss es beim Bahnhofspersonal erfragen, das die jeweiligen Gleise zum Betreten freigibt. Also richtig ´urig´ wie in vormaligen (einschließlich ´sudetendeutschen´) Zeiten!“
Mit einer großen Entschuldigung möchten wir nun das Zitieren aus dem Brief von Michael Lindner aus Gera verbinden. Nach längerem Umweg ist sein Brief bei uns gelandet, den er bereits am 13. März an Radio Prag geschickt hat. Aus unbekannten Gründen ging sein Brief nicht wie üblich über das Sekretariat von Radio Prag, sondern hat einen anderen Weg zu uns in die Redaktion gefunden. Es sah bereits aus, als sei der Brief verloren gegangen, doch diese Woche haben wir den Umschlag doch noch unter anderen Briefen an Radio Prag entdeckt. Also, Herr Lindner, entschuldigen Sie bitte dieses Versäumnis. Wir bedanken uns sehr herzlich nicht nur für den Brief, sondern auch für die wertvollen historischen Dokumente, die Sie dem Brief beigelegt haben. Herr Lindner schreibt:
„Liebe Freunde in der deutschen Redaktion!Obwohl man sich eigentlich schon daran gewöhnt haben sollte, dass die Sendungen von Radio Prag nicht mehr über die guten alten Kurzwellen zu hören sind, habe ich mich noch nicht so richtig daran gewöhnt. Jahrzehnte lange Gewohnheiten verbunden mit Tradition sind doch noch sehr nachhaltig.
Manchmal träume ich davon, die Signale von Radio Prag wieder über eine Kurzwellenfrequenz zu hören. Aber dieser Traum wird nicht in Erfüllung gehen. Das Medium Internet hat auch die Auslandsdienste gnadenlos im Griff. Da Radio Prag für mich immer ein ´Muss´ war, bleibe ich der Station auch weiterhin treu, auch wenn ich dazu das Internet notgezwungen benötige.“
Sehr erfreut sei er, so Herr Lindner, dass Radio Prag im März wieder einen neuen Hörerwettbewerb ins Leben gerufen hat. Solche Aktionen dienten der Hörerbindung und so ganz „nebenbei“ könne man auch einiges über Tschechien erfahren. Natürlich werde er sich auch bemühen, uns die richtigen Antworten zu übermitteln, schreibt unser Hörer. In diesem Zusammenhang wollen wir anmerken, dass die Zahl der Teilnehmer am Hörerwettbewerb Monat für Monat steigt. Im April hat Radio Prag fast 600 Antworten erhalten. Aber zurück zum Brief von Herrn Lindner:„Jetzt ein ganz anderes Thema. Bei Aufräumungsarbeiten habe ich alte, schon historische Dokumente gefunden, die in den achtziger Jahren für Tschechien- Reisende bestimmt waren. (...) Es ist wirklich interessant, darin zu lesen. Besonders interessant dürfte das für Eure jüngeren Mitarbeiter sein, die sich den damaligen ´Eisernen Vorhang´ zwischen Ost und West kaum vorstellen können. Man kann sich kaum vorstellen, dass bei solcher Bürokratie das Reisen Spaß gemacht hat. Zum Glück sind diese Zeiten vorbei! Nun beende ich meine Zeilen und würde mich über Post aus Prag sehr freuen.“
Für heute verabschieden möchten wir uns mit einer bündigen und netten E-Mail von Herrn Schöch aus Eisenach:„Liebe Freunde in Prag,
heute habe ich wieder einmal über WRN (World Radio Network) im Internet Eure deutschsprachigen Sendungen gehört. Vielen Dank für die schöne Sendung! Am interessantesten war beim Hörerforum der Beitrag über die Nachnamen der Frauen in Tschechien! Aber auch der Beitrag über die deutschen Arbeitervereine in der Ersten Republik war sehr interessant. Bitte macht weiter so!“
Vielen Dank, Herr Schöch. Wir werden uns bemühen, so weiter zu machen, damit Sie mit unseren Sendungen zufrieden sind. Und Sie, liebe Hörerinnen und Hörer sowie Internet-User, bleiben Sie uns weiter treu und schreiben Sie uns weiter an: Radio Prag, Vinohradská 12, 120 99, Prag 2, Tschechische Republik oder an unsere Mailadresse: [email protected]. Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit und freuen uns auf ein Wiederhören in 14 Tagen!