Prager Ausstellung zeigt Propellerschlitten für deutsche Wehrmacht

El único coche–trineo

Seit Dienstag vergangener Woche bekommen die Prager und ihre Gäste im neuen Gebäude des Nationalmuseums eine Ausstellung zu sehen, die schon vom Namen her einiges verspricht. „Vynálezci a vynálezy“, also Erfinder und Erfindungen, ist eine Ausstellung, bei der über 200 Exponate von tschechischen Schöpfern gezeigt werden, die die technische Entwicklung bedeutend mitgeprägt haben.

'Vynálezci a vynálezy'
Josef Ressel ist einer der Erfinder des Schiffspropellers, der Name Otto Wichterle steht für die Erfindung der Kontaktlinsen, František Křižík für die Bogenlampe oder Prokop Diviš für den Blitzableiter. Ihnen und weiteren Erfindern nebst ihren Kreationen begegnet man auf dieser Ausstellung, die aber nicht nur altehrwürdige Gegenstände zu Gesicht bringen will:

„Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche ausprobieren, nach welchem Prinzip die Erfindungen funktionieren. Sie sollen beispielsweise begreifen, wie eine Turbine oder eine Schiffsschraube funktioniert. Dabei helfen jede Menge interaktiver Elemente oder auch Comics. Kurz: Die szenografische Gestaltung ist vor allem auf die jüngeren Besucher zugeschnitten“, schildert der Direktor des Historischen Museums, Pavel Douša.

Der Renner der Ausstellung ist gleichzeitig auch das größte unter allen Exponaten: Es ist der Prototyp eines Propellerschlittens vom Typ Tatra V 855, der im Jahr 1942 in den Tatrawerken im mährischen Kopřivnice / Nesselsdorf hergestellt wurde. Pavel Douša beschreibt das blau-weiße Fahrzeug:

„Das Gefährt steht auf vier Holzskiern, an seinem Heck ist ein großer Propeller angebracht, der als Antrieb dient. Unter dem Propeller befindet sich eine Schalttrommel, die zur Steuerung der Skier dient. Eine Besonderheit des Propellerschlittens sind die zwei Lenkräder. Mit einem davon wurden die speziellen Skier gesteuert. Wie bei einem Skifahrer auf der Piste war es daher möglich, mit den Skiern zu bremsen oder auch enge Kurven zu schneiden.“

Der 1942 gebaute Propellerschlitten, hierzulande auch Aerosaň genannt, war im Auftrag der deutschen Wehrmacht entstanden. Zu welchem Zweck sie ihn einsetzen wollte, lässt sich heute jedoch nur erahnen:

„Niemand weiß genau, wofür sie eingesetzt werden sollten. Vermutlich als Spähfahrzeuge oder aber als Überraschungsmoment für einen Blitzangriff“, meint Vítězslav Hinner, der Restaurator und Konstrukteur der Firma Eccora.

Vítězslav Hinner
Seiner Meinung nach wollten die Deutschen das Schlittenfahrzeug ursprünglich zur Eroberung der russischen Ebene einsetzen. Als der Prototyp dann fertig war, sei die deutsche Wehrmacht allerdings schon auf dem Rückzug gewesen, weshalb kein weiteres Gefährt mehr produziert wurde, so Hinner. Im Auftrag eines amerikanischen Millionärs hat Hinner den Propellerschlitten vor drei Jahren für ein amerikanisches Museum nachgebaut. Pavel Douša aber betont, dass der jetzt im Nationalmuseum ausgestellte Aerosaň Tatra V 855 jenes Original sei, das vor 69 Jahren in Kopřivnice gebaut wurde. Ein Grund mehr, den Propellerschlitten auch als Blickfang und Besuchermagnet zu nutzen, ergänzt Douša:

„Der Propellerschlitten ist in jeder Hinsicht das größte unserer Exponate. Er wird die Besucher schon am Eingang fesseln. Und wir werden ihn anleuchten, damit er auch in der Nacht zu sehen ist und sich vorübergehende Passanten die Frage stellen, was das nur sein könnte. Er soll also ihre Neugier wecken.“

Die Ausstellung „Vynálezci a vynálezi“ läuft über sieben Monate. Man kann sie also noch bis Ende April 2012 im neuen Gebäude des Nationalmuseums in Prag besuchen.