Kubistische Perle auf dem Lande - Villa Bauer in Libodřice
Wenn man in Tschechien an Kubismus denkt, fällt einem gleich das Haus zur Schwarzen Mutter Gottes ein, das sich im Prager Stadtzentrum befindet. Kubistische Architektur findet man aber nicht nur in der tschechischen Hauptstadt. Die knapp 300 Einwohner zählende Gemeinde Libodřice liegt unweit der mittelböhmischen Stadt Kolín. Seit einigen Jahren haben schon viele Bewunderer außergewöhnlicher Architektur den Weg in das sonst unauffällige Dorf gefunden. Nach der Renovierung der kubistischen Villa Bauer wurde in dem einzigartigen Interieur ein Museum des tschechischen kubistischen Designs eingerichtet.
„Mit den Renovierungsarbeiten begann man 2005. Dabei wurde das Gebäude gründlich in Stand gesetzt. 2008 wurde die Villa für die Öffentlichkeit geöffnet. 2009 wurde der Zierzaun installiert. Der Entwurf stammt von Josef Gočár, aber er wurde nicht verwirklicht. Im Garten steht ein Pavillon. Es handelt sich um eine Replik des Pavillons, der auf dem Hradschin steht. Entworfen hat ihn ebenso Gočár. Die Renovierungsarbeiten wurden im vergangenen Jahr beendet.“
Die Führung durch die Villa beginnt in der Küche. Von der Originaleinrichtung sind nur ein Heizkörper, das Abgussbecken und der Boden erhalten geblieben. Ausgemalt wurde der Raum neu, jedoch nach dem ursprünglichen Muster. Der kubistische Schrank, der den Raum dominiert, wurde nach dem Entwurf des tschechischen Architekten und Malers Vlastislav Hofman ursprünglich für ein Hotel in Štrbské Pleso hergestellt. Hofman entwarf wahrscheinlich auch die weiße kubistische Flurwand, die in der Halle der Villa steht. Auch die Kleiderhaken an der Wand sind kubistisch, entworfen von Josef Gočár. Den Raum im Erdgeschoss habe die Gemeinde früher unter anderem als Wahllokal oder Festsaal genutzt, erzählt Alena Marková. Von der Originaleinrichtung ist fast nichts mehr erhalten geblieben.„Heutzutage ist es hier mit Möbeln eingerichtet, die der Architekt Ladislav Machoň für seine eigene Wohnung entwarf. Den Kronleuchter entwarf Architekt und Designer Pavel Janák. Nebenan hatte Adolf Bauer sein Arbeitszimmer. Heutzutage findet man hier Originalmöbel von Vlastislav Hofman. Er entwarf sie 1923 für seine Wohnung. Über die Räumlichkeiten in der ersten Etage weiß man nur, dass dort ursprünglich die Töchter von Adolf Bauer ihre Zimmer hatten. In einem dieser Zimmer wurden die Möbel von Bildhauer Jan Štursa installiert.“In der ersten Etage kann man zudem die wahrscheinlich ältesten kubistischen Möbel bewundern, die in Tschechien erhalten sind. Die beiden Schränke von Vlastislav Hofman stammen aus dem Jahr 1911. Die Einrichtung des Arbeitszimmers des Malers Antonín Procházka ist zwar auch noch kubistisch, hat aber auch einige runde Formen.
„Diese Möbel stammen aus Brünn, aus den 1920er Jahren. Es handelt sich schon um den so genannten ´Rondokubismus´. Der Kerzenständer und die Vase sowie die Skizze sind auch ein Werk von Antonín Procházka. Der Maler entwarf auch den Kronleuchter. Dieser Kronleuchter ist bislang das letzte Exponat, das wir für das Museum bekommen haben.“
Neben Möbeln sind in den Zimmern der Villa auch Graphiken, Gemälde, Plastiken sowie kubistisches Porzellan ausgestellt. Alena Marková zufolge denkt die Stiftung daran, Kopien einiger der kubistischer Kaffeetassen, Kaffeekannen oder Vasen herstellen zu lassen und sie als ein Souvenir zu verkaufen. Vorläufig kann man Ansichtskarten, Bücher, aber auch einen kubistischen Kugelschreiber in der Villa als Souvenir kaufen. Über Mangel an Besuchern kann sich Alena Marková nicht beschweren.„Das Interesse für die Villa ist verhältnismäßig groß. Vor kurzem haben wir die vierte Saison eröffnet. Ich kann keine genauen Besucherzahlen nennen, aber rund 1000 Menschen haben die Villa jedes Jahr besucht. Wenn man bedenkt, dass sie doch etwas abseits liegt, ist es ein Erfolg. Unter den Besuchern sind auch Ausländer, die im Haus zur Schwarzen Mutter Gottes in Prag über die Villa Bauer erfahren haben.“Die Villa Bauer kann man täglich außer montags besichtigen. Man muss sich jedoch telefonisch einen Tag zuvor anmelden oder den Besuch im Internet reservieren – unter www.nck.cz, wo man Detailinformationen auch in Englisch findet.