Massenkündigungen der Ärzte: Hat die Regierung schuld oder ist es doch nicht so schlimm?
In den Kommentarspalten der tschechischen Tageszeitungen wird überall das wohl heißeste Thema der vergangenen Tage beleuchtet: die Massenkündigungen von tschechischen Krankenhausärzten. 3650 Kündigungen wurden bereits eingereicht und spätestens ab 1. März könnte damit im Gesundheitswesen die entsprechende Zahl an Ärzten fehlen.
„Sicher ist das Vorgehen der Ärzte umstritten. Die Massenkündigungen aller Angestellten in bestimmten medizinischen Fachbereichen kommen einer gezielten Verweigerung der Sorgepflicht gleich. Das verträgt sich schwerlich mit dem Eid des Hippokrates. (…) Doch so lange die Regierung nicht sagt, wie die Reform des Gesundheitswesens aussehen soll, inklusive einer Lösung für die Ärztegehälter, trägt sie mindestens eine Mitschuld (…).“
Um die Forderung der Ärzte nach einer Erhöhung ihrer Gehälter zu erfüllen, sind umgerechnet insgesamt 240 Millionen Euro nötig. Vom einen auf den anderen Tag sei diese Summe schwerlich herbeizuschaffen, glaubt Jiří Hanák in der Právo. Er überlegt aber weiter, woher das Geld überhaupt kommen könnte:„Es würde reichen, einfach Ordnung in das Gesundheitswesen zu bringen. Wer weiß, wie viele Milliarden der Betrieb irgendeiner Krankenversicherung kostet. Wer weiß, wie viele Milliarden durch die verantwortungslose Preispolitik bei Medikamenten an die Pharma-Unternehmen verloren gehen. (…) Ich verstehe die Ärzte, habe aber Angst davor, dass die Patienten zu Geiseln werden könnten. In jedem Fall ist aber die Regierung am Zug. Es ist ihre Verantwortung.“
Eine ganz andere Meinung vertritt Martin Zvěřina in der Zeitung Lidové noviny. Er glaubt vor allem, dass die Kündigungen längst nicht die dramatischen Folgen haben dürften, die derzeit heraufbeschworen werden:„Wir lesen, dass 78 Krankenhäusern der Kollaps droht. Doch das behaupten die Vertreter der Ärztegewerkschaft, aber nicht die 78 Leiter der Krankenhäuser. Und die waghalsigen oder – hart gesagt – lügnerischen Behauptungen aus den Mündern der Ärzte-Gewerkschafter werden nur noch zunehmen. Denn sie spielen auf Zeit. Denn viele, die ihre Kündigung eingereicht haben, werden ihre Entscheidung überdenken. Die Ärzte leben in Tschechien ja nicht am sozialen Abgrund und ins Ausland will sicher kaum die Hälfte von ihnen. (…) Falls der Gesundheitsminister durchhält, in ruhigem und sachlichem Ton zu reagieren, dann wage ich zu behaupten, dass wir ab 1. März aus dem Schlimmsten bereits heraus sind. Sicher werden einige Krankenhäuser geschlossen. Dass dies nötig ist, darüber wird bereits seit Jahren debattiert. Andere Kliniken werden einige Abteilungen schließen, das muss aber nicht zum Kollaps führen.“