Ministerpräsident Platzeck: Erinnerungsarbeit ist auch im 21. Jahrhundert sehr wichtig
Am Montag und am Dienstagvormittag war der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck zu Besuch in Tschechien. Zu den Inhalten seiner Reise stand der brandenburgische Landesvater beim Pressegespräch in der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer in Prag auch Radio Prag Rede und Antwort.
Eine Station seiner Reise nach Tschechien war auch die Gedenkstätte Theresienstadt. Zu den Hintergründen des Besuchs der Kleinen Festung und ihrer Gedenkstätte sagte Platzeck:
„Wir waren zunächst in Theresienstadt. Ich bin Schirmherr der Stiftungsgründung, weil ich der festen Überzeugung bin, dass das, was sich die Damen und Herren dort vorgenommen haben, wirklich Sinn macht. Sie wollen die Erinnerungsarbeit unter neuen Rahmenbedingungen in dieses Jahrhundert tragen, und das halte ich für eine sehr wichtige Aufgabe. Aktuelle Entwicklungen in Europa zeigen auch warum. In verschiedenen Ländern treffen wir nämlich immer häufiger nationalistische Denkhaltungen und teilweise sogar fremdenfeindliche Meinungen an.Veränderte Bedingungen in der Erinnerungsarbeit heißt: Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten in allen Gedenkstätten sehr viel mit Zeitzeugen arbeiten können, was immer sehr eindrucksvoll ist, weil es Menschen erreicht, vor allem junge Leute. Es ist jetzt nur noch eine Frage der Jahre, wann uns diese Zeitzeugen nicht mehr zur Verfügung stehen.
Das wird in Kürze sein. Wir haben vor kurzem den 65. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen gefeiert, und viele der überlebenden Häftlinge haben mir gesagt, es wird ihre letzte Reise gewesen sein. Sie werden zum nächsten Jubiläum nicht mehr anreisen können.Das heißt, wir brauchen neue Formen des Erinnerns, neue Formen des Gedenkens und auch neue Formen in der Erinnerungsarbeit. Denn diese Arbeit ist mehr als Forschen und Dokumentieren, man muss Menschen auch erreichen! Zukunft braucht Herkunft, und genau daran orientiert man sich in Theresienstadt. Das halte ich für eine sehr gute und sinnvolle Aufgabe, und deshalb versuchen wir uns auch mit unseren Mitteln und Möglichkeiten dort einzubringen.“
Für ihn, so Platzeck, sei die Arbeit der Gedenkstätte in Terezín / Theresienstadt bereits eine Herzenssache geworden und das Land Brandenburg habe dafür auch wieder eine kleine finanzielle Unterstützung locker gemacht, ergänzte der Ministerpräsident. Am Montag traf Platzeck zudem mit dem tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg zusammen. In ihren Gesprächen spielte dabei auch das Thema Hochwasser eine Rolle. Generell sei das ein grenzüberschreitendes Thema. Wie Polen habe Brandenburg auch schon von der beiderseitigen Hilfe profitiert, sagte Platzeck und fuhr fort:„Neben der gegenseitigen Hilfe gibt es noch zwei weitere Aspekte. Zum einen muss die Informationsweitergabe noch qualifiziert werden. Dazu müssen wir auch einen gemeinsamen Standard finden. Und drittens gilt es stets die Frage zu beantworten: Wo ist es sinnvoll, Gelder einzusetzen, wo bringen sie den höchsten Effekt? Ich erkläre das mal an einem einfachen Beispiel: Wenn man im Unterlauf eines Flusses für viel Geld die Deiche zurückverlegt, um dem Fluss mehr Ausbreitungsfläche zu geben, ist das nicht schlecht. Aber: Dasselbe Geld am Oberlauf eingesetzt, hätte einen höheren Effekt für die Hochwasservermeidung. Das muss man zwischen den Ländern mal diskutieren.“