Konrad Paul Liessmann mit dem „Vize-97“-Preis der Havel-Stiftung geehrt

Konrad Paul Liessmann (Foto: ČTK)

Bereits im März dieses Jahres war Konrad Paul Liessmann auf Einladung der Akademie der Wissenschaften und der Karlsuniversität in Prag zu Gast. Sein Vortrag ließ die Aula der Philosophischen Fakultät aus allen Nähten platzen. Am Dienstag wurde dem 1953 in Villach geborenen österreichischen Philosophen und Essayisten in Prag von Václav Havel der diesjährige „Vize-97“-Preis verliehen.

Konrad Paul Liessmann  (links) mit dem „Vize-97“-Preis geehrt  (Foto: ČTK)
Für ihn sei der Preis eine ganz besondere Auszeichnung, sagte Konrad Paul Liessmann, der als außerordentlicher Professor am Institut für Philosophie der Universität Wien lehrt, kurz vor der Preisverleihung:

„Das hat in erster Linie natürlich mit den Stiftern dieses Preises zu tun, der Stiftung von Dagmar und Václav Havel. Sie wissen es ja wohl, dass Václav Havel auch aus österreichischer Perspektive eine ganz besondere und bedeutende Persönlichkeit war und ist. Einerseits natürlich als Autor und dann als jemand, der unbeugsam die Idee der Freiheit verfochten und erkämpft hat.“

Dagmar Havlová und Václav Havel  (Foto: ČTK)
Václav Havels jahrelanges Wirken als tschechoslowakischer und tschechischer Staatspräsident könne in seiner historischen Tragweite gar nicht genug geschätzt werden, so Philosoph Liessmann in seinen Dankesworten:

„Nämlich, dass es durchaus möglich ist, dass ein Intellektueller, ein Schriftsteller nicht nur das höchste Amt in einem Staat übernehmen kann, sondern auch versuchen kann, in diesem Amt eine Politik zu machen und zu symbolisieren, die sich deutlich von dem unterscheidet, was das alltägliche politische Geschäft für die meisten von uns bedeutet.“

Konrad Paul Liessmann und Václav Havel  (Foto: ČTK)
Václav Havel, aus dessen Händen Konrad Paul Liessmann den diesjährigen Preis „Vision 97“ bekam, betonte, das Ziel seiner Stiftung sei es stets gewesen, das Unkonventionelle zu fördern und auch kontroverse und unbequeme Meinungen in den Vordergrund zu stellen.

„Der diesjährige Laureat Konrad Paul Liessmann erscheint mir geradezu als Verkörperung dieser Idee. Er fürchtet sich nicht, die Grenzen zwischen den Disziplinen der Wissenschaft zu überschreiten und genau das zu problematisieren, was gemeinhin als nicht problematisierbar gilt. Er setzt dort Fragezeichen, wo sich dies andere nicht trauen. Und er ist in der Lage, diese Gedanken auch zum Ausdruck zu bringen. Besonders gut ist ihm dies in seinem Buch ‚Theorie der Unbildung’ gelungen.“

Mit seiner deutlichen Kritik an der zunehmenden Vereinheitlichung und Rationalisierung von Bildung und Wissenschaft spreche Konrad Paul Liessmann vielen Betroffenen aus der Seele, findet auch der Vorsitzende der Preis-Jury, der Prager Mathematiker und Logiker Jiří Fiala:

„In seinen Essays spricht Liessmann eine Reihe von Problemen an und der Leser sagt sich dann: ‚Genau das hab’ ich mir immer schon gedacht’. Man muss nur das Wort Reform als Beispiel nehmen, das nichts anderes besagt, als dass sich nur die Form ändert, das Problem aber gleichbleibt. Liessmann hat absolut recht mit seiner Behauptung, dass man den von Reformen angerichteten Schaden nur mit weiteren Reformen wieder gutmachen kann. Und die schlimmste Reform überhaupt ist die Restruktualisierung“.