Honorarkonsul Tschechiens in Nürnberg: Aus unserer Nachbarschaft müssen wir viel mehr machen
Am 9. Juni berichtete die Nürnberger Zeitung: „Das Honorarkonsulat der Tschechischen Republik ist gestern hoch über den Dächern Nürnbergs, im Business Tower, eröffnet worden. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Nürnberger Versicherungsgruppe und Altpräsident der IHK Nürnberg für Mittelfranken, Hans-Peter Schmidt, erhielt vom tschechischen Außenministerium den Titel des Honorarkonsuls. Rudolf Jindrák, Botschafter der Tschechischen Republik, überreichte Schmidt die Bestellurkunde.“
„Am 8. Juni hat der tschechische Botschafter Jindrák gemeinsam mit dem tschechischen Generalkonsul Hlobil, der in München sitzt, dieses Honorarkonsulat für Nordbayern eröffnet. Es ist in Aktion und hat ein weites Aufgabenspektrum.“
Sie wurden also zum Honorarkonsul ernannt. Wie ist es dazu gekommen? Welche Beziehung haben Sie zu Tschechien?
„Zunächst sind wir sind in Nürnberg der Tschechischen Republik sehr nah. Die Entfernung ist ungefähr so groß wie nach Frankfurt. Wir fahren aber mittlerweile schneller nach Prag als nach Frankfurt, aufgrund der durchgehenden Europastraße 50, der Via Carolina. Und zu meiner Funktion: Herr Borůvka, der ehemalige Generalkonsul der Tschechischen Republik, kam auf den Gedanken, dass ich es machen solle. Ich fragte warum und ob er nicht jemand anderen wüsste, der sich auch dafür interessieren könnte. Letztendlich hielt er aber an mir fest. Und ich tue es gerne, weil ich eine sehr intensive Beziehung zur Tschechischen Republik habe. Mein erster Besuch dort war im September 1968, als die Grenzen nach dem Einmarsch der Warschauer Pakttruppen erstmals geöffnet waren. Wir müssen uns daran nicht unbedingt erinnern, aber vergessen kann ich diese Situation auch nicht. Seither habe ich mich immer wieder für Prag und die Tschechische Republik interessiert, habe viele Besuche dort gemacht. Ich bin auch mit unseren Mitarbeitern hier im Außen- und Innendienst nach Prag gefahren. Meine innere Beziehung zu Tschechien ist intensiv. Und auch meine Überzeugung, dass wir aus unserer Nachbarschaft sehr viel mehr machen können und müssen.“Es ist also so ein bisschen eine Herzensangelegenheit für Sie?„So kann man es sentimental sagen, auf jeden Fall. Aber natürlich ist da auch viel Vernunft dabei. Europa kann nur gemeinsam, wie wir es ja wollen, stark gemacht werden. Und Europa ist nicht der Nabel der Welt. In anderen Regionen ist im Augenblick mehr Dynamik.“
Mit welchen Aufgaben und Kompetenzen ist das tschechische Honorarkonsulat in Nürnberg denn beauftragt worden?
„Da gibt es die üblichen Aufgaben, die Formalitäten, die natürlich im Europa der Neuzeit weniger geworden sind. Die Hauptaufgabe wird sein, systematisch eine Beziehung zu den Menschen herzustellen. Wir werden versuchen, die kulturellen, wissenschaftlichen, sportlichen und natürlich nicht zuletzt die wirtschaftlichen Beziehungen zu verstärken. Das Ganze ist ja eine Einheit, ineinander verwoben. Diese geschichtsträchtige Nachbarschaft, die wir häufig auf irgendwelche schlimmen Jahre der Vergangenheit reduzieren, wollen wir wieder vermehrt aufnehmen. Wir wollen sehen, dass aus der Nachbarschaft Freundschaft wird.“
Das sind sehr schön klingende Sätze, die man oft zu lesen bekommt, wenn ein neues Amt eingerichtet wird, zu dessen Agenda die grenzüberschreitenden Beziehungen gehören. Wie genau kann man denn die Punkte, die Sie genannt haben, ins Leben rufen?„Wir haben nicht nur etwas vor, sondern wir haben schon etwas getan. Vor vier Wochen waren wir zum Beispiel mit den Nürnberger Symphonikern in Prag im 'Obecní dům' (Gemeindehaus) und haben dort auch eine gemeinsame musikalische Größe intonieren lassen – Christoph Willibald Gluck. Ich bin der Präsident der Freunde der Staatsoper hier in Nürnberg und insofern ist mir diese Verbindung leicht gefallen. Ich bin aber auch Präsident der bayerischen Reiter und Fahrer, also des bayerischen Pferdesports. Und wir haben im Mai die Tschechische Republik als Gastland eingeladen, zu „Pferd International“ auf der Olympia Reitanlage München-Riem. Mit ungefähr 50.000 Besuchern. Also Sie sehen: Wir reden nicht nur, wir tun auch was. Und alles natürlich im Sinne der Völkerverbindung, der Nachbarschaft, der Freundschaft, die wir auch wollen. Und wo treffen sich Menschen zunächst mal am liebsten? Natürlich bei Kultur und Sport. Und so haben wir hier auch begonnen.“
Ich möchte unsere Hörerinnen und Hörer daran erinnern, dass Nürnberg seit 20 Jahren eigentlich eine Partnerstadt von Prag ist. Und da ist natürlich ein Spielraum für solche Aktivitäten. Was können Sie als Amt für deutsche Touristen, die nach Tschechien fahren, tun?„Ich war mit meinen Mitarbeitern im September 2008 in Prag, 40 Jahre nach dem Einmarsch 1968. An fünf Wochenenden sind wir mit 1500 Mitarbeitern nach Prag gefahren. Und diese Mitarbeiter sind ja auch Multiplikatoren, die in ihren Familien und Bekanntenkreisen erzählen, wie wunderschön Prag ist. Und die dann natürlich auch selber noch mal nach Tschechien reisen. Das zu Ihrer touristischen Frage. Wir machen schon auch Tourismus. Aber nur Sightseeing ist zu wenig. Wir wollen, dass Beziehungen entstehen. Und deswegen gibt es Veranstaltungen, die über mehrere Tage gehen, wie beispielsweise „Pferd International“ in München. Da hatten wir viele tschechische Gäste. Und es geht uns ja darum, dass wir nicht nur Menschen nach Prag und in die Tschechische Republik bringen, sondern auch bei den Tschechen Interesse an unserer geschichtlichen und geografischen Nähe entwickeln.“
Sie haben über die Themen der möglichen Zusammenarbeit ausführlich gesprochen. Ich möchte Sie abschließend bitten, dass Sie mir in ein oder zwei Sätzen sagen: Was ist der Beitrag des neuen tschechischen Honorarkonsulats in Nürnberg?„Das Honorarkonsulat soll mehr miteinander herstellen. Und nur miteinander können wir füreinander viel tun.“
Vielen Dank und alles Gute, Herr Schmidt. Und beiden Ländern wünschen wir natürlich, dass alles was geplant ist, auch in Erfüllung geht und umgesetzt wird.