Kyrill und Method und die globale Sicht des Christentums – die Bedeutung der Slawenaposteln

Hl. Kyrill und Method

Der 5. Juli steht in Böhmen, Mähren und Schlesien traditionell im Zeichen der slawischen Aposteln, der Heiligen Kyrill und Method. Die Ankunft der beiden Brüder aus Saloniki im damaligen Großmährischen Reich des Jahres 863 führte aber nicht nur zur Verbreitung des christlichen Glaubens in einer Sprache, die von der Bevölkerung verstanden wurde. Die Ankunft der beiden Aposteln war damals auch ein hochpolitischer Akt.

Der großmährische Fürst Rostislav, der die beiden Apostel in sein Land einlud, wollte anhand dieser programmatischen Hinwendung in Richtung Byzanz seine Unabhängigkeit vom Ostfränkischen Reich und somit auch von einer lateinisch geprägten Kultur demonstrieren. Doch auch in späteren Epochen zeigte sich, dass mit diesen beiden Heiligen stets auch eine starke politische Dimension verbunden war. So jährte sich zum Beispiel im Jahr 1985 der Todestag von Method zum 1100. Mal. Die seinerzeit regierenden Kommunisten genehmigten nach langem Zögern eine offizielle Wallfahrt im mährischen Velehrad. Sie erlaubten sogar, dass der damalige Kardinalstaatssekretär des Heiligen Stuhls, Kardinal Agostino Casaroli, die Festmesse zelebrierte. Doch das ursprüngliche Vorhaben, das Fest für eigene politische Zwecke zu missbrauchen, scheiterte spätestens zu dem Zeitpunkt, als der kommunistische Kultusminister Milan Klusák die Heiligen Kyrill und Method als so genannte „Friedensaposteln“ und sogar als erste Kommunisten bezeichnete. Die geschätzten 250.000 Teilnehmer pfiffen den Minister aus und forderten lautstark die Gewährung der Glaubensfreiheit und die Genehmigung eines Besuchs von Papst Johannes Paul II.

Im Jahr 2013 werden es genau 1150 Jahre sein, seitdem Kyrill und Method in Mähren ankamen. Schon jetzt wird mit den Planungen für eine offizielle Feier begonnen, die nicht nur von der Kirche begangen werden wird. Auch der Staat wird sich daran beteiligen. Auf diese Weise soll dokumentiert werden, dass die slawischen Apostel Kyrill und Method auch gleichzeitig die Träger einer konkreten politischen Botschaft waren und zur Stabilisierung des damals bestehenden Staatsgebildes, des Großmährischen Reiches, beitrugen.

Der Feiertag der Heiligen Kyrill und Method wird allerdings nach wie vor in erster Linie von der Kirche begangen. Der traditionelle Höhepunkt dabei ist feierliche Messe in der Basilika von Velehrad, die am Vormittag des 5. Juli gefeiert wird.

Ladislav Hučko
Doch bieten die beiden Heiligen auch heute noch Inspiration? Bischof Ladislav Hučko ist Sekretär der Tschechischen Bischofskonferenz:

„Die Heiligen Kyrill und Method können vor allem auf Grund ihres globalen, transnationalen Christentums inspirativ wirken. Die beiden griechischen Brüder haben zu Lebzeiten die slawische Liturgie und auch die Kultur im Großmährischen Reich verbreitet, die es schon zu dieser Zeit in Saloniki gegeben hat. Sie waren in erster Linie Christen und erst dann Griechen.“

Bischof Ladislav Hučko ist nicht nur Sekretär der Tschechischen Bischofskonferenz, sondern gleichzeitig auch Bischof der griechisch-katholischen Kirche in Tschechien. Auch wenn die griechischen Katholiken, was den Aufbau der Liturgie oder zum Beispiel die Ikonen-Verehrung angeht, vieles mit den orthodoxen Christen gemein haben, besteht dennoch ein wesentlicher Unterschied: Die griechischen Katholiken erkennen im Gegensatz zu den Orthodoxen die Autorität des römischen Bischofs - also des Papstes - an und gehören somit zu den mit Rom unierten Kirchen.

Heilige Kyrill und Method in der Basilika von Velehrad  (Foto: Andrea Fajkusová)
Während in der westlichen Kirche bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil Latein und nicht etwa die Landessprachen in der Liturgie gebraucht wurden, galt bei den griechischen Katholiken, wie auch in den übrigen Ostkirchen, das Kirchenslawisch als verbindende Liturgiesprache - und zwar weitgehend in der Form, wie sie von Kyrill und Method geschaffen wurde.

Lässt sich somit sagen, dass das geistliche Vermächtnis von Kyrill und Method die Hauptgrundlage der Spiritualität der griechisch-katholischen Kirche bildet? Bischof Ladislav Hučko:

„Ich würde nicht sagen, dass es die Hauptgrundlage ist, aber es ist in vielem inspirativ und zeigt eindeutig auf die ekklesiale Ausrichtung unserer Kirche hin zu einer Einheit mit Rom. Das große Schisma im 11. Jahrhundert hat die Kirche in eine westliche, lateinische und eine östliche, byzantinische aufgeteilt. Wir als griechische Katholiken bekennen uns zur ursprünglichen Kirche, wie es sie davor gegeben hat, das heißt zu einer einheitlichen Kirche unter der Leitung des römischen Bischofs, also des Papstes. Auch Kyrill und Method standen in dieser Tradition.“

Kyrill und Method werden in erster Linie als Heilige der östlichen christlichen Tradition betrachtet. In wie weit weiß man über deren Bedeutung auch im westlichen Zweig der Kirche Bescheid?

„Ein großes Werk hat in diesem Zusammenhang Papst Johannes Paul II. vollbracht, der die beiden Brüder im Jahr 1980 zu Mitpatronen Europas erklärte. Damit wurde auch in Augen des westlichen Christentums deren Wichtigkeit untermauert. In den slawischen Ländern sind beide Heilige auch unter den Christen westlicher Tradition gut bekannt – zum Beispiel in Kroatien, in der Slowakei, aber auch in Tschechien oder Polen“, so Bischof Hučko.

Welchen Stellenwert nehmen die Heiligen Kyrill und Method unter den tschechischen Heiligen ein? Sind sie in der Bevölkerung ähnlich populär, wie zum Beispiel der Heilige Wenzel, oder die Heilige Agnes von Böhmen? Dazu sagt Bischof Hučko:

Velehrad  (Foto: Andrea Fajkusová)
„Bei Heiligen lassen sich allgemein zwei Ebenen feststellen, die dann ein Gesamtbild ergeben. Bei den Heiligen Kyrill und Method ist es vor allem ihr Werk, welches dokumentiert und damit der allgemeinen Öffentlichkeit auch bekannt ist. Auch ihr persönliches Zeugnis kann nicht unterschätzt werden. Wir kennen die Lebensläufe der beiden Heiligen, die von ihrem tiefen christlichen Leben zeugen und auf dem Evangelium basieren. Das ist aber weniger an die Öffentlichkeit gedrungen. Dann ist auch noch spezifisch, dass es die Gläubigen bei Kyrill und Method mit zwei Heiligen gleichzeitig zu tun haben. Im kirchlichen Kalender finden sich nicht viele solche Beispiele von Heiligen, die unzertrennlich wären. Zu den anderen gehören zum Beispiel die Heiligen Kosmas und Damian, oder die Heiligen Felicita und Perpetua, die Heiligen Simon und Juda – es gibt nicht viele davon. Bei Kyrill und Method steht ihr Werk im Vordergrund und erst dann das Zeugnis über ihr Leben.“

Konzert für alle Menschen guten Willens
Schon seit einigen Jahren findet traditionell am Vorabend des 5. Juli in Velehrad auf dem Platz vor der Basilika ein Benefizkonzert statt, das unter dem Motto „Ein Konzert für alle Menschen guten Willens“ steht. Die Veranstaltung kann als Versuch eines Brückenschlags zwischen der kirchlichen und der weltlichen Dimension des Feiertags der Heiligen Kyrill und Method verstanden werden.

Ist das ein vielleicht ein Weg, wie man der mehrheitlich atheistischen tschechischen Öffentlichkeit die geistigen Wurzeln ihres Staates anhand des Wirkens der beiden Heiligen Kyrill und Method vor Augen führen kann? Dazu noch einmal der Sekretär der Tschechischen Bischofskonferenz, Bischof Ladislav Hučko:

„Auf diese Weise wird mittels einer leichteren Form in Erinnerung gebracht, dass am nächsten Tag ein Feiertag ist und zu wessen Ehren er begangen wird. Es ist wichtig zu zeigen, dass die Gesellschaft, aber auch der Staat gewisse Wurzeln haben. Man sollte sie kennen, weil sie auch für die Gegenwart und später auch für die Zukunft wichtig sind. Dieses Konzert hat bereits einen festen Platz und das wird auch von der breiten Öffentlichkeit so verstanden. Natürlich ist der eigentliche Höhepunkt dieses Festtags aber die Feier der Messe am nächsten Tag, an der traditionell auch die höchsten Vertreter des Staates teilnehmen. Somit zeigt sich, wie schon traditionell auch am Feiertag des hl. Wenzel, symbolisch der Zusammenhang zwischen der geistlichen und der weltlichen Dimension. Deshalb finde ich es sehr geeignet, das auf diese Weise in Erinnerung zu bringen.“