Prag hat den viertbesten ÖPNV in Europa

Der Prager öffentliche Nahverkehr gilt unter Bewohnern der tschechischen Hauptstadt und ihren Besuchern als ausgesprochen gut. Jüngst hat eine Umfrage ergeben, dass 80 Prozent der Prager mit dem ÖPNV zufrieden sind. Nun ist Prag auch in einer europaweiten Umfrage auf einem Spitzenplatz gelandet. Christian Rühmkorf hat mit Radio-Prag-Redakteur Daniel Kortschak über die Testergebnisse gesprochen.

Daniel, die europäischen Automobilklubs, darunter der ADAC, haben den öffentlichen Nahverkehr in 23 europäischen Großstädten getestet und dabei hat Prag recht gut abgeschnitten…

„…ja, Prag liegt auf Platz vier. Hinter München, Helsinki und Wien.“

Was hat den Testern in Prag denn gefallen?

„Gelobt werden die schnellen Verbindungen und das gute und vor allem günstige Fahrkartenangebot. Auch die Information sei gut und mehrsprachig, die Auskunft an den Schaltern freundlich, meinen die Tester. Außerdem werden die Durchsagen und Haltestellenanzeigen in den Fahrzeugen positiv hervor gehoben und der einfache und kostenlose Fahrradtransport.

Und wo sind die Schwachpunkte?

„Kritisiert wird vor allem der schlechte Zugang für Leute im Rollstuhl und mit Kinderwagen. Oder etwa auch die mangelhafte Flughafenanbindung nur mit Bussen. Und nicht zuletzt bemängelt werden die Fahrkartenautomaten, die ausschließlich Münzen nehmen.“

Daniel, du bist ja selbst ein überzeugter Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel. Du hast dir den Test genau angesehen. Zunächst zu Prag: Sind die Ergebnisse nachvollziehbar?

„Ich würde sagen großteils ja. Die mangelnde Barrierefreiheit ist ganz ohne Zweifel der größte Schwachpunkt des Prager ÖPNV. Man hat zwar in der Vergangenheit viel unternommen, etwa gut 100 Niederflurstraßenbahnen angeschafft oder ältere Wagen umgebaut, weitere 250 sind bestellt. Zu den mehr als 300 Niederflurbussen kommen in den nächsten Jahren 700 hinzu. Auch in einige Metro-Stationen hat man Aufzüge eingebaut. Trotzdem sind viele, vor allem ältere U-Bahnhöfe im Zentrum nach wie vor nur über Rolltreppen und hohe Stufen erreichbar. Sitzt man im Rollstuhl oder hat einen Kinderwagen dabei, ist man oft aufgeschmissen.

Und dann sind da so lästige Kleinigkeiten wie die Fahrscheinautomaten, die nur Münzen nehmen. Welcher ausländische Tourist, der spät am Abend am Bahnhof ankommt, hat bitteschön Kronen-Münzen in der Tasche. Und über die chronisch überfüllten Flughafenbusse hat sich sicher auch schon so mancher Prag-Besucher geärgert. Gerade in diesen Bereichen sind Städte wie München und Wien viel, viel weiter. Aber Prag muss sich sicher nicht verstecken und gerade was die Schnelligkeit der Verbindungen und die Fahrgastinformation betrifft, kann sich zum Beispiel Wien hier in Prag sicher einiges abschauen. Auch der Nachtbetrieb funktioniert in Prag eindeutig besser als in Wien oder gar in Brüssel. In der europäischen Hauptstadt bleibt einem nämlich nach Mitternacht meistens nur das Taxi.“

Und wie sieht es mit den internationalen Ergebnissen des Tests aus? Deckt sich das mit deinen Erfahrungen?

„Teilweise sicher ja, über Wien und Prag haben wir ja schon gesprochen. Aber einige Dinge haben mich schon gewundert bei dem Test. Dass nämlich Rom mit einem ‚gut’ besser abschneidet als Paris und in der gleichen Kategorie wie Prag liegt, das hat mich ehrlich gesagt ziemlich überrascht. Ich war oft in Rom und habe mit dem öffentlichen Nahverkehr dort wirklich keine guten Erfahrungen. Die zwei U-Bahn-Linien sind völlig überlastet und die Busse und die wenigen Straßenbahnen fahren eher nach dem Zufallsprinzip denn nach einem fixen Fahrplan. Wenn sie überhaupt fahren. Aber ich denke, Autofahrerklubs sind vielleicht nicht die kompetentste Organisation zur Bewertung öffentlicher Verkehrsmittel.“