Die „samtenen Nachrichten“ vom November 89

Macht und Medien – zwei Begriffe, die schon immer eng miteinander verbunden waren. Dessen war sich auch das kommunistische Regime bewusst und hat die Medien daher sehr genau überwacht. Den Prozess, wie sich der Tschechoslowakische Rundfunk 1989 vom Sprachrohr der Kommunisten in ein objektives Medium entwickelte, kann man auch an den damaligen Nachrichtensendungen beobachten.

Die unzufriedenen Rundfunkmitarbeiter haben am 23. November 1989 ein Bürgerforum im Funkhaus gegründet. Sie versuchten, Änderungen in der Führung durchzusetzen, um die Öffentlichkeit wahrheitsgetreu zu informieren. Die Menschen an den Radiogeräten konnten in den Hauptnachrichten mit jedem neuen Tag positive Veränderungen verzeichnen. Auch wenn die kommunistischen Klanggewohnheiten damals noch beibehalten wurden.

Die Zusammenstellung sowie der Stil der Nachrichten entsprachen teilweise immer noch dem „altbewährten“ Muster. In der Sendung vom 30. November hörte man zwar auch eine Information über die Untersuchungen zum 17. November. Das Vokabular der Redakteure sowie der Interviewpartner war aber noch von kommunistischen Floskeln geprägt. Als einige der streikenden Studenten nach ihren Forderungen gefragt wurden, bleiben sie vorsichtig im kommunistischen Jargon:

„Genosse Indra trat vom Posten des Parlamentsvorsitzenden zurück. Aber im Parlament sind die Genossen Jakeš, Štěpán, Fojtík und andere weiterhin geblieben.“

Der Journalismus-Student fügte hinzu, die Streikenden verlangten den Rücktritt all jener, die für die jetzige Krise Verantwortung trügen. Ein anderer Student ergänzte:

„Unser ganzes politisches System ist nach den 40 Jahren Totalitarismus so abartig, dass es sich bestimmt noch zu einer Gegenoffensive aufraffen wird. Die einzig mögliche Verteidigung dagegen sind freie Wahlen.“

Auf die – aus der Sicht des Regimes – beunruhigenden Meldungen über die Streikenden folgte, wie aus längst vergangenen Zeiten, eine Nachricht aus der Produktion:

„Die Produktion im Fliesenbetrieb in Horní Bříza läuft genauso wie in den vergangenen Tagen auf Hochtouren. Zwar diskutiert man auch hier, aber es herrscht hier eine gesunde Meinung. Vom Fließband kommen allein während des heutigen Tags 14.000 Quadratmeter Fliesen.“

Am 11. Dezember traute sich dann auch der Tschechoslowakische Rundfunk, die streikenden Studenten zu unterstützen. Er bekannte sich zum ersten Mal offiziell zur den Forderungen nach politischen und gesellschaftlichen Änderungen.