Reizfigur Klaus: Neue Attacke gegen Brüssel – seine Gegner beschimpfen ihn als Narziss
Eines der Hauptthemen des Gipfels in Brüssel – die Zugeständnisse für Irland im Rahmen des Lissabon-Vertrages – hat in Tschechien zu einem Meinungsstreit zwischen Premier Jan Fischer und Präsident Václav Klaus geführt. Vor der Prager Burg aber war der Präsident selbst das Zielobjekt – Klaus-Gegner und Klaus-Verehrer taten hier am Mittwoch ihre Meinung kund.
Der tschechische Präsident Václav Klaus ist europaweit als EU-Kritiker bekannt. Der Lissabon-Vertrag, der kurz vor seiner endgültigen Ratifizierung steht, ist für Klaus ein besonders dicker Dorn im Auge. Nicht zuletzt deshalb, weil der Reformvertrag nach dem „Nein“ der Iren beim ersten Referendum 2008 eigentlich – so Klaus – schon gescheitert sei. Der Versuch der EU-Legislative, die Iren mit einer Handvoll Zugeständnissen doch noch ins Boot zu holen, sei der Weg durch die Hintertür. Und ungesetzlich noch dazu. In einem Brief an den tschechischen Premier und EU-Ratspräsidenten Jan Fischer schrieb Klaus nämlich, dass die Zusage von Sonderregelungen für Irland einem „internationalen politischen Vertrag“ entspreche, der von den Parlamenten aller EU-Mitgliedsländer ratifiziert werden müsse. Das schreibe der Artikel 49 des tschechischen Verfassungsgesetzes vor, so Klaus an Fischer. Ein schlichter Beschluss auf EU-Regierungsebene für „Zugeständnisse an Irland“ sei somit nicht rechtens, moniert Klaus.
Premier Fischer, der Klaus über die Internetseite der Regierung antwortete, sieht das jedoch ganz anders:
„Wir sind der Meinung, dass diese Sicht falsch ist. Bei dieser Angelegenheit handelt es sich um einen so genannten Regierungsvertrag, und dieser wird lediglich auf Regierungsebene verhandelt. Das Mandat zur Verhandlungsführung ist mir auf der letzten Kabinettsitzung zuerkannt worden.“
EU-Ratspräsident Fischer wird sich folglich in Brüssel für die Zugeständnisse an Irland einsetzen. Vladimír Balaš, ein tschechischer Experte für Verfassungs- und internationales Recht erklärte: Wenn es sich um einen Zusatzvertrag zu Lissabon handeln sollte, dann sei eine Ratifizierung erforderlich. Damit hätte Präsident Klaus dann Recht. Eine nicht unstrittige Frage also, die nun in Brüssel zur Verhandlung steht.Während man dort um Verträge ringt, streiten sich in Prag die Bürger über den Präsidenten ganz grundsätzlich. Die Klaus-Gegner gründeten die Bürgerinitiative „Už dost!“ (Es reicht!). Sie haben von seiner anti-europäischen Haltung genug. Am Mittwoch – zwei Tage von dem 68. Geburtstag von Václav Klaus – organisierten sie vor der Prager Burg ein Happening, um ihrem ungeliebten Staatsoberhaupt klar die Meinung zu sagen:
„Warum lehnen Sie es ab, den Lissabon-Vertrag zu unterzeichnen“, fragten die rund 200 Demonstranten und forderten Klaus auf, zurückzutreten. Er schade dem Image Tschechiens in der EU. Klaus wurde als Narziss beschimpft. Die Demonstranten wollten einen mit Narzissen beschmückten Papier-Klaus als Geburtstagsgeschenk an der Burg-Pforte abgeben. Die Burgwache schritt aber ein. Ebenso die Klaus-Verehrer, die sich ebenfalls vor der Burg blicken und hören ließen. Sie wiederum kritisierten den „Havelismus“ der Intellektuellen, der sich ihrer Meinung nach wieder breit mache.
Die Polarisierung zwischen Václav Havel und Václav Klaus ist also immer noch ein Spiegelbild der tschechischen Gesellschaft dieser Tage.