Südböhmens Kreisparlament stimmt Ausbau des Kraftwerks Temelín zu

Einen „Hallo-Effekt“ hat eine Entscheidung des Kreisparlaments Südböhmen am Dienstag ausgelöst: Die dortigen Abgeordneten kippten eine Verordnung aus dem Jahr 2004, die den Ausbau des Atomkraftwerks Temelín verboten hatte. Ihr Votum bedeutet jedoch (noch) nicht, dass der dritte und vierte Reaktor in Temelín auch gebaut werden.

Weltweit wird die Atomkraft wieder hoffähig. In Tschechien gab es für sie von je her viele Befürworter. Im Kreisparlament von Südböhmen stand man bisher jedoch einem weiteren Ausbau des Kraftwerks Temelín skeptisch gegenüber. Nun ist auch hier der Trend umgeschlagen. Bis auf zwei Enthaltungen stimmten alle Kreisabgeordneten neuen Reaktorblöcken zu. Kreishauptmann Jiří Zimola zu der in seinem Parlament getroffenen Entscheidung:

„Wir haben einen Beschluss aus dem Jahr 2004 widerrufen, in dem die damaligen politischen Repräsentanten zwei Punkten nicht zustimmten: dem Ausbau des Atomkraftwerks Temelín um einem dritten und vierten Block und der Errichtung eines unterirdischen Atommüll-Endlagers in Südböhmen. Aufgrund der heutigen Entscheidung des Kreistags aber gilt: Der Südböhmische Kreis stimmt dem Bau der beiden Reaktorblöcke zu, aber weiterhin nicht dem Bau des Atommüll-Endlagers.“

Eine Entscheidung, die sicher zu denken gibt. Denn einerseits hat man für die Entsorgung des atomaren Mülls aus Temelín noch keine endgültige Lösung gefunden, stellt aber anderseits bereits die Weichen für eine Erhöhung der Energiegewinnung durch die Kernkraft. Deshalb ließ die Reaktion der Gegner nicht lange auf sich warten. Die Vorsitzende der Bürgervereinigung „Südböhmische Mütter“, Monika Machová-Wittingerová, erklärte unmissverständlich:

Daniel Beneš  (links) und Jiří Zimola  (Foto: ČTK)
„Wir halten den Ausbau von Temelín für eine schlechte Wahl für Südböhmen. Wir finden überhaupt, dass wir das Atomkraftwerk nicht brauchen.“

Das sehen die vorwiegend sozialdemokratischen und kommunistischen Abgeordneten im Südböhmischen Kreistag anders. Kreishauptmann Zimola deutet zudem an, dass die Aussicht auf finanzielle Hilfe den Beschluss beeinflusst habe:

„Auf der Grundlage eines Rahmenvertrages mit dem Energiekonzern ČEZ werden jetzt bis zu vier Milliarden Kronen nach Südböhmen fließen. Und das sind keine Gelder für den direkten Ausbau von Temelín, sondern entsprechende Infrastrukturmaßnahmen. Dazu gehören der Bau und die Reparatur von Straßen ebenso wie Sponsoren- und Werbeaktionen, die ČEZ in Südböhmen unterstützen wird.“

Temelín-Betreiber ČEZ hat die Entscheidung des südböhmischen Kreisparlaments offensichtlich forciert. Denn schon am Mittwoch ist der so genannte Rahmenvertrag in České Budějovice / Budweis unterzeichnet worden.

Doch Vertrag und Abstimmung bedeuten nicht, dass der Ausbau von Temelín bereits vor der Tür steht. Das entscheidende Wort dazu hat die tschechische Regierung. Das Umweltministerium in Prag prüft derzeit noch in einem internationalen Verfahren unter Einbindung von Österreich und Deutschland die Umweltverträglichkeit des Vorhabens.