Nazi-Propaganda im Protektorat: Reportage zum „Hilfszug Bayern“

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Kurz nach dem Einmarsch Hitlers in die Tschechoslowakei im März 1939 setzten die Nationalsozialisten ihre Propagandamaschine in Gang. Dazu gehörte unter anderem der „Hilfszug Bayern“, eine mobile Gulaschkanone zum Stopfen von mehreren Tausend hungrigen Mäulern. Im Archiv des Tschechischen Rundfunks existiert dazu eine Reportage vom 30. März 1939 - ein Beispiel dafür, wie der Rundfunk bereits wenige Tage nach dem Einmarsch von den Nazis missbraucht wurde.

„Wir besuchen heute zum zweiten Male den Hilfszug Bayern, der mit seinem großartigen Betreuungswerk für alle Notleidenden hier in Prag eingesetzt wurde. Unser Besuch hat heute eine ganz besondere Bedeutung. Von der Heeresgruppe ging über den Sonderbeauftragten der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, über den Oberamtsleiter Jähnicke, die Einladung an führende Persönlichkeiten der tschechischen Regierung und der Wehrmacht, die alle hier bereits versammelt sind.“

So beginnt der Reporter die Sendung. Die mobile Feldküche wurde von den Nationalsozialisten auf dem Messegelände am Stromovka-Park aufgebaut. Die Minister aus dem „Protektorat Böhmen und Mähren“, Mitglieder der tschechischen Marionettenregierung nach dem Einmarsch Hitlers, wurden durch die Küchenzelte geführt – und durften oder mussten von den Eintopfgerichten probieren. Sie kosteten damit einen Teil der Nazi-Propaganda.

Der Hilfszug Bayern war bereits 1934 geschaffen worden. Die Idee war, vor allem beim Reichsparteitag in Nürnberg medizinische Versorgung zu leisten und die Massen zu verpflegen. Der Hilfszug wurde aber auch in den annektierten Gebieten eingesetzt: nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 in Wien oder nach dem Polenkrieg sogar in Warschau. Die Nazis wollten offensichtlich Bewunderung für ihre außergewöhnliche Großküche. Die Rundfunkreportage vom 30. März 1939 war jedenfalls für die Ausstrahlung im Protektorat gedacht und wurde auch ins Tschechische übersetzt. Das Funktionieren der Feldküche erläuterte damals einer der Leiter des Hilfszugs:

„Wir haben nun also in dem Hilfszug Bayern alle die Einrichtungen, die man sonst stationär im Wirtschaftsleben hat, mobil gemacht. Wir haben eine Großküchenanlage mit 50 großen Kesseln, die jeweils 300 Liter fassen.“

Und was kommt da nun rein, wollte der Reporter wissen. Die Antwort:

„Wir haben einen so vielseitigen Küchenzettel, dass wir alle Geschmäcker – landsmännisch gesehen – befriedigen können.“

Den Reporter interessierte zudem, ob die Köche in Prag Rücksicht nehmen auf den regionalen Geschmack. Das sei nicht nötig, entgegnete der Leiter des Hilfszugs:

„Wir kochen natürlich bei der Masse immer ein Eintopfgericht – jeden Tag etwas anderes. Einmal Nudeln mit Ochsenfleisch, einmal einen richtigen Gulasch mit Reis und Tomatensoße, dann kochen wir ein Gemüsegericht mit verschiedenen Gemüsen – Wirsing, Weißkohl und Karotten durcheinander, und Rindfleisch dazu. Und das schmeckt schon jedem, das schmeckt auch den Pragern sehr gut, denn es kommt gar nichts zurück von den vielen Verpflegstellen – also muss es ja auch gegessen worden sein.“

So harmlos diese Reportage im Tschechischen Rundfunk daherkam, so sehr war sie ein Täuschungsmanöver. Juden waren von den Speisungen ohnehin ausgeschlossen. Und das wahre Ziel des Einmarschs von Hitler in der Tschechoslowakei war nicht die Essensverteilung an Bedürftige, sondern die Gewinnung von „Lebensraum im Osten“, wie es die Nazis nannten. Das wiederum mündete im Holocaust und dem millionenfachen Morden des Zweiten Weltkriegs.

Autor: Till Janzer
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