Nach wie vor energiegeladen: First Lady des tschechischen Jazz Jana Koubková

Jana Koubková (Foto: www.janakoubkova.cz)

Sängerin, Komponistin, Moderatorin, Publizistin und ganz bestimmt noch vieles mehr - das ist Jana Koubková, eine der bekanntesten Jazzerinnen hierzulande. In den Medien wird sie auch als First Lady des tschechischen Jazz bezeichnet. Über ihre lebenslange Liebe und Leidenschaft für den Jazz erzählt sie in der heutigen Ausgabe unserer Sendereihe „Heute am Mikrophon.“

Die Liste mit den Namen aller Bands und Orchester, mit denen Jana Koubková zusammengespielt hat, scheint unendlich zu sein. Noch länger wäre die Liste mit den Titeln ihrer CDs und nicht zuletzt auch mit den Namen von Festivals und Workshops, die auf ihre Initiative aus der Taufe gehoben wurden. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass Jana Koubková seit fast 65 Jahren mit und für die Musik lebt.

„Am Anfang war es nicht meine Entscheidung, als mich meine Oma in den Kinderchor des Tschechoslowakischen Rundfunks brachte. Ich war damals sechs Jahre alt. Seitdem habe ich eigentlich kontinuierlich irgendwo gesungen. In verschiedenen Vokalensembles. Zunächst im Chor des Maschinenbaubetriebs ČKD Praha. Der Chorleiter war Miroslav Košler, der jüngere Bruder des langjährigen Dirigenten im Prager Nationaltheater, Zdeněk Košler. 1975 habe ich mich entschlossen, das zu machen, wonach ich mich schon seit einer ganzen Zeitlang gesehnt hatte, nämlich Jazz.“

So geradlinig ging es allerdings nicht, wie es klingen mag. In ihrer künstlerischen Laufbahn haben Sie sich in verschiedenen Musikstilen versucht – Blues, Swing, Mainstream, Jazzrock oder Worldmusic. Waren Sie auf der Suche nach einem eigenen Stil?

„So ist es. Jeder Mensch geht auf verschiedenen Wegen im Leben, trifft dabei verschiedene Menschen, vor allem aber lernt er dabei sich selbst kennen. Man lernt dabei, wie man auf dies und jenes reagiert, wie man dies und jenes wahrnimmt. Dabei habe ich die Stile gewechselt. In letzter Zeit singe ich besonders gern ´Freejazz´, auch wenn ich dafür hierzulande kaum Partner finde. Daher fahre ich auch öfters nach Deutschland. Ich mag aber auch den ´Chanson´. Früher habe ich gerne ohne Worte, wie ein Instrument also, gesungen. In den letzten Jahren ziehe ich es aber vor, Texte zu singen und verfasse sie auch gerne selbst.“

Wie kam es, dass Sie sich ausgerechnet für den Jazz begeistert haben? Wann hat Sie diese Musik angesprochen?

„Das war irgendwann zwischen meinem 15. und 19. Lebensjahr. Damals gab es noch kein Fernsehen, deswegen habe ich viel Radio gehört, vor allem schwarze Sänger und Musiker. Das war damals hierzulande erlaubt und auch im Radio gespielt. Zum Beispiel konnte ich das Count-Basie-Orchester mit Ella Fitzgerald hören. So hat es bei mir angefangen. Vor allem hat mir der Scat-Gesang gefallen. Ich fühlte mich durch die darin enthaltene Lebensfreude angesprochen. Das hat wohl in mir etwas angesteckt.“

In den 60er und 70er Jahren haben Sie mit renommierten Vokalgruppen wie zum Beispiel den Linha Singers, dem Inkognito Quartett oder dem CK Vokal gesungen. Zugleich traten Sie aber mit verschiedenen Bands in Nachtklubs im Ausland auf, nicht wahr?

„Ich bin Jahrgang 1944. Ich war glücklich, dass ich mit diesen Bands in die Welt reisen konnte. Das war ja für mich die einzige Möglichkeit, aus diesem Land auszureisen. Ich wollte ursprünglich Journalistin werden und die Welt kennen lernen. Auf den Tourneen, als wir bei Gastauftritten in Nachtklubs mal in Schweden, mal in Deutschland, mal wiederum zum Beispiel in Armenien gelandet sind, konnte ich sehr viele wunderbare Erfahrungen sammeln. Und so funkktioniert es bei mir bis heute.“

Im Rahmen ihrer Laufbahn als Jazzmusikerin haben sie bald mit einigen Spitzenformationen wie zum Beispiel dem Jazz Sanatorium von Ludek Hulan oder dem Jazz Q von Martin Kratochvil gesungen. Später haben Sie gemeinsam mit international bekannten Jazzmusikern in mehreren Jazzformationen, zumeist Trios mit variierenden Instrumenten, zusammengearbeitet. Kurzum, der Jazz hat es Ihnen angetan. Womit?

„Der Rhythmus, das Klangmalerische, die Improvisation und Kommunikation, das alles ist für mich enorm wichtig, und selbstverständlich wird das alles getragen von der Energie. Ohne Energie geht nichts. Am Jazz fasziniert mich, dass man improvisieren kann. Sehr wichtig ist natürlich das Gefühl für den Rhythmus, aber die Improvisation macht mir Spaß, weil ich mir auch etwas Neues ausdenken kann. Es gibt aber Grenzen. Eine sozusagen freie Gesangsdisziplin ist der Freejazz. Man muss es aber auch können, vieles wissen und auch seinen Partnern gut zuhören, mit denen man zusammen singt. Das mach mir große Freude!“

„Ich gebe auch oft Konzerte für Schulkinder größere und kleinere. Auch wenn sie nichts über Musik wissen, hat diese dennoch eine große Anziehungskraft für die Kinder. Häufig wollen sie Zugaben. Ich glaube, der Jazz lebt immer weiter. Es ist ein Musikgenre, das sich ständig entwickelt und auch Inspirationen in anderen Genres findet, wie etwa in den Bereichen Rock, World-Musik oder klassische Musik.“

Sie veranstalten Jazz-Workshops für Jung und Alt, kann man sagen. Bekannt ist zum Beispiel Ihr Programm „Willkommen in Jazzonia“. Sie sagen hierzu, es sei ein phantastisches Land, in dem Silben durch die Lüfte schwirren, in dem man improvisiert, Ideen umsetzt und viel Neues erfährt. Sie schreiben aber auch Gedichte, verfassen Rap-Texte, geben jeden Monat eine Reihe von Konzerten, moderieren Programme im Radio und Fernsehen. Kurzum, Ihr Aktionsradius in „Jazzonia“ ist recht umfassend. Wie kann man das alles schaffen?

„Den Großteil meines erwachsenen Lebens habe ich als Freischaffende verbracht. Ich musste mich also auch daran gewöhnen, dass ich nicht wusste, ob ich genug Arbeit haben werde. Man muss dabei einfach lernen, aktiv zu sein und Ideen haben. Was die Frage anbelangt, ob man auch sein Brot mit Jazz verdienen kann, gilt immer dasselbe: Man muss den Jazz sehr lieben, ganz Feuer und Flamme sein. Dadurch wird man aktiv und kann dann irgendwann davon auch anständig leben.“

In Ihrer Jugend waren Sie auch sportlich aktiv. Gymnastik, Leichtathletik oder Kanu-Slalom waren Ihre beliebten Sportdisziplinen. Welche Aktivitäten pflegen Sie heute in Ihrer Freizeit?

„Mein großes Hobby ist das ´Schnellgehen´. Morgens mache ich Turnübungen, züchte Zimmerpflanzen, lese unheimlich gerne. Ich mache auch gerne Urlaub: Wenn es geht, wandere in den Bergen oder liege am Strand. Oder ich mache einen Bummel durch die Stadt und beobachte Menschen, stelle mir vor, wie der eine oder der andere ist, schnuppere herum – die Düfte oder den Gestank. Ein normales, gewöhnliches Leben also!“

Vor kurzem erschien eine neue CD von Jana Koubková, es ist der Live-Mitschnitt eines Konzertes. Der Titel lautet „Quartett: Jazzfest 2008 Live Polička“. Dazu schrieb der Internetserver iDnes Anfang dieses Jahres: „Für eine Persönlichkeit vom Typ einer Jana Koubková sind Live-Mitschnitte ein Segen. Wenigstens ein Teil der Energie, die sie auf der Bühne ausstrahlt, kann auf diese Weise eingefangen werden.“

Wir fügen dem noch eine Information hinzu: Am 1. März können sich auch Jazzfans in Fürth von Koubkovás Energie bei einem Konzert überzeugen.