Flaggenstreit um die Prager Burg

Prager Burg
0:00
/
0:00

In zwei Wochen übernimmt Tschechien die EU-Ratspräsidentschaft. Tschechische Politiker sehen ihr Land bestens vorbereitet auf diese politische Herausforderung. Diese Meinung teilen auch die meisten europäischen Politiker. Dennoch werden die Vorbereitungen Tschechiens von einigen atmosphärischen Störungen begleitet.

Prager Burg
Blicken wir kurz zurück: Anfang Dezember war eine Delegation des Europäischen Parlaments zu einem Arbeitsbesuch in Prag. Dabei kam es unter anderem zu einem Treffen der EU-Parlamentarier mit Staatspräsident Václav Klaus, das in einer heftigen verbalen Auseinandersetzung über den EU-Reformvertrag von Lissabon mündete. Wir haben ausführlich berichtet.

Am Dienstag trat der amtierende EU-Ratspräsident, der französische Präsident Nicolas Sarkozy im Europäischen Parlament in Straßburg auf. Dabei sprach er auch die Geschehnisse in Prag vor etwa 10 Tagen an:

Nicolas Sarkozy  (Foto: ČTK)
„Ich weiß das mutige und vernünftige Auftreten von Präsident Pöttering bei der Begegnung mit Präsident Klaus zu schätzen. Jeder möchte respektiert werden. Aber respektiert zu werden, bedeutet auch, selbst die anderen zu respektieren. Und manchmal ist man ein wenig erstaunt über gewisse Äußerungen eines Staatsoberhauptes eines großen EU-Mitgliedslandes.“

Nicolas Sarkozy fordert von Tschechien ein klares Bekenntnis zu Europa. Auch auf der symbolischen Ebene:

„Wir als Europäer hier haben uns wirklich verletzt gefühlt, als wir gesehen haben, dass alle EU-Fahnen von den öffentlichen Gebäuden in Tschechien verschwunden sind.“

Foto: Europäische Kommission
Dass auf keinem öffentlichen Gebäude in Tschechien die EU-Flagge gehisst sei, ist eine glatte Übertreibung. Doch auf der Prager Burg sucht man das Symbol der Europäischen Union tatsächlich vergeblich. Der Sprecher von Staatspräsident Klaus, Radim Ochvat, betonte, die Prager Burg sei eines der bedeutendsten Symbole des tschechischen Staates, nicht eines der Europäischen Union. Und es gebe keinen Grund, dies zu ändern. Tschechiens Vizepremier Jiří Čunek sieht den Flaggen-Streit gelassen:

Präsidenten-Standarte
„So wie wir Präsident Sarkozy kennen, bin ich mir nicht sicher, ob er tatsächlich so verletzt ist, wie er behauptet. Seine Äußerungen werden bei uns vielleicht ein wenig anders aufgefasst, als sie gemeint waren.“

Die Frage der Fahnen habe man im Kabinett in sehr lockerer Atmosphäre behandelt. Man habe verschiedene Varianten diskutiert

„Zum Beispiel, dass die EU-Fahne nur dann gehisst wird, wenn der Herr Präsident nicht zu Hause ist“, so Čunek im Tschechischen Fernsehen.

Das blau-gelbe Sternenbanner würde dann also an der Stelle der Präsidenten-Standarte über den Dächern der Prager Burg wehen. Diese wird nämlich eingeholt, sobald das Staatsoberhaupt auf Reisen geht.