Abwanderung und Überalterung: Tschechische Ärztekammer diagnostiziert Ärztemangel
Die Internisten des Krankenhauses in Havířov haben die ärztliche Versorgung eingeschränkt. Es mangelt an Personal. In Klatovy sieht es ähnlich aus. Das hat erneut eine Diskussion um die Versorgung im Gesundheitswesen ausgelöst.
„Die Tschechische Ärztekammer ist derzeit nicht imstande, den Bürgern zu garantieren, dass sie in allen Krankenhäusern mit ausreichend Personal versorgt werden, das auch hinreichend qualifiziert ist.“
Allein über 600 zu besetzende Ärztestellen hätten die Krankenhäuser den Arbeitsämtern gemeldet, sagte am Mittwoch der Präsident der Tschechischen Ärtzekammer, Milan Kubek, und schiebt den Schwarzen Peter dem Gesundheitsministerium zu:
„Die medizinische Versorgung und die Sicherheit der Patienten haben für das Gesundheitsministerium keine Priorität.“Heißt: Es fließt zu wenig Geld in das Gesundheitswesen, vor allem in die Gehälter der Ärzte und des Pflegepersonals. Immer mehr Ärtze gingen für besser bezahlte Jobs ins Ausland, sagt Kubek. Allein in Großbritannien und Irland arbeiten nach seinen Aussagen 800 tschechische Ärzte, in Deutschland 300.
Tomáš Cikrt, Sprecher des Gesundheitsministeriums und rechte Hand des Ministers, weist die Kritik zurück. Er sieht die Probleme woanders:
„Unser Problem ist, dass die Ärzte nicht immer in dem Bereich zur Verfügung stehen, wo wir sie brauchen. Es sind nur bestimmte Fachgebiete, in denen Ärzte fehlen.“
Ansonsten sei die ärztliche Versorgung vergleichbar mit Österreich, sie sei besser als in Großbritannien und liege insgesamt über dem Standard der EU, ergänzt Cikrt.
Ärztekammerpräsident Kubek warnt jedoch vor einer alternden Gesellschaft. Das betreffe auch den Ärztestand. Zwei Drittel der Ärzte seien älter als 50 Jahre, ein Fünftel über 60 Jahre alt.Eine stichprobenartige Nachfrage von Radio Prag in einigen Krankenhäusern stieß auf Zurückhaltung. Oft hieß es: ´Bei uns gibt es keine Probleme.´ Die Verantwortlichen wollten eben nicht zugeben, dass gerade ihr Krankenhaus Probleme hat, meint Kubek. Gerade deshalb hätte schon längst eine Kontrolle der Krankenhäuser gesetzlich geregelt werden müssen:
„Das Gesundheitsministerium verletzt die geltenden Gesetze und lehnt es ab, in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer eine Verordnung herauszugeben über minimale personelle Standards im Gesundheitswesen. Auf Grundlage dieser Verordnung wäre es uns möglich, die Krankenhäuser zu kontrollieren.“
Ministeriumssprecher Cikrt sieht das Versäumnis bei der sozialdemokratischen Vorgängerregierung. Man selber habe Gesetze und Verordnungen vorbereitet. Jetzt liege es auch an der Ärtzekammer, sagt Cikrt:
„Es genügt, wenn die Ärztekammer diesen Gesetzesentwurf unterstützt und den Abgeordneten sagt, dass sie für den Entwurf die Hand heben sollen. Und ab nächstem Jahr hätten wir eine bessere gesetzliche Grundlage.“
Die wäre jedoch nur ein erster Schritt zur gesicherten Diagnose.