Prager Fußball-Derby: Slavia stößt Sparta endgültig vom Sockel

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Der tschechische Clubfußball hat an Kredit verloren. Nach den jüngsten Misserfolgen im Uefa-Cup ist er dem Punktquotienten nach auf den 18. Platz in Europa zurückgefallen. Die einheimische Liga hat folglich wenig Mitreißendes zu bieten. Und dennoch: Es gibt eine Partie, die die Fans immer wieder elektrisiert – das Hauptstadtderby zwischen Sparta und Slavia Prag. Am Montag fand das 268. Duell der beiden Erzrivalen statt.

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4:1 gewann also Slavia Prag das Derby in der AXA-Arena, der Heimstätte des Rivalen Sparta. Mit diesem Sieg hat der amtierende Meister nicht nur die Tabellenführung in der Gambrinus-Liga verteidigt, sondern nun wohl auch endgültig den Wendepunkt in der jüngeren Vereinsgeschichte beider Traditionsclubs zementiert. In den zurückliegenden zehn Jahren waren es nämlich fast immer nur die Blau-Gelb-Roten des AC Sparta, die die Meistertrophäen und Pokale des Landes reihenweise einsackten sowie teilweise auch in der Champions League für Furore sorgten, während sich die Rot-Weißen aus dem Stadtteil Vršovice als „ewiger Zweiter“ belächeln und beschimpfen lassen mussten. Eine Wahrnehmung, die sich erst in der vergangenen Saison geändert hat. Da schaffte nämlich Slavia anstelle von Sparta den Sprung in die lukrative Champions League, und auch in der Meisterschaft hatten die so genannten „sešívani“ (die Zusammengenähten) erstmals seit zwölf Jahren wieder die Nase vorn. Nun also demontierten die Slavia-Spieler ihren Kontrahenten nach allen Regeln der Kunst und degradierten den einstigen Lehrmeister wieder zum Lehrling. Großen Anteil an der Gala der Gäste hatte Ex-Nationalspieler Vladimir Šmicer, der zwei Treffer erzielte. Nach langwieriger Verletzung war es Šmicers erster Einsatz in der Startelf. Slavia-Trainer Karel Jarolím aber wusste nur zu genau, weshalb er den 35-jährigen Routinier von Beginn an spielen ließ:

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„Ich habe auf seine unstrittige Erfahrung vertraut. Er sollte der Mannschaft zeigen, wo es lang geht in einem solch hitzigen Spiel wie dem Derby. Und ich denke, diese Rechnung ist aufgegangen.“

Vladimír Šmicer  (Foto: ČTK)
Das ist sie auf jeden Fall, denn nach dem überzeugenden Sieg hat sich Slavia nun fünf Punkte vom Erzrivalen absetzen können. Sparta-Trainer Vítezslav Lavička erkannte sportlich fair an, dass Slavia die klar bessere Mannschaft war. Und etwas kleinlaut musste er konstatieren: „Das ist eine bittere Pille für mich, für das gesamte Team, für alle Sparta-Fans.“

Die bittere Pille wird ohne Zweifel ihre Nebenwirkung haben, da es bei Sparta Prag nach dem Ausscheiden im Uefa-Cup und zweier blamabler Pleiten in der Liga nun Konsequenzen geben wird. Vermutlich muss Lavička seinen Hut nehmen. Die verärgerten Sparta-Fans aber haben andere Schuldige ausgemacht – die Clubverantwortlichen. Gleich nach Spielschluss forderten sie deren Rücktritt.

Während die Sparta-Fans also ihr „wahres Sparta-Team“ zurückhaben wollen, jubelten die Sieger ausgelassen wie lange nicht in ihrer Kabine.

Autor: Lothar Martin
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