Original des Münchner Abkommens erstmals in Tschechien zu sehen
Vor 70 Jahren zwang das Münchner Abkommen den tschechoslowakischen Staat, die Sudetengebiete an das Deutsche Reich abzutreten. Das Dokument wurde in der Nacht zum 30. September 1938 unterschrieben. Eine Kopie des Vertrags ist derzeit bereits in Prag zu sehen. Für eine Ausstellung ab dem 28. Oktober soll nun aber sogar das Original des Abkommens in die tschechische Hauptstadt ausgeliehen werden.
Das Original des Münchner Abkommens lagert im politischen Archiv des bundesdeutschen Auswärtigen Amtes – dorthin kam es jedoch erst vor rund 50 Jahren.
„Das Abkommen ist nach dem Zweiten Weltkrieg zuerst in Großbritannien gewesen, weil dort Fotografien angefertigt wurden und zur Auswertung. Es ist erst in den 50er Jahren an die Bundesrepublik zurückgegeben worden“, so Sebastian Gerhardt, Sprecher der Deutschen Botschaft in Prag.Vier Seiten Text plus vier Seiten Anhang und eine Karte mit den neu festgelegten Grenzen der Tschechoslowakei – das ist der Umfang des Dokuments. Unter dem ganzen prangen die vier Original-Unterschriften von Adolf Hitler und Benito Mussolini, Richard Chamberlain und Édouard Daladier. Anlässlich der Feier zum 90. Jahrestag der Staatsgründung wird das Original im Nationalmuseum in Prag zu sehen sein. Der Weg dahin war jedoch lang, wie Marek Junek, Leiter des Bereichs tschechische Zeitgeschichte im Nationalmuseum, sagt:
„Es hat länger als ein Jahr gedauert. Die erste Reaktion war negativ. Erst als wir den Deutschen versicherten, dass das Jahr 1938 nicht das einzige Thema unserer Ausstellung sein wird und dass dieser Zeitabschnitt auf keinen Fall diskreditiert wird, haben die deutschen Partner akzeptiert, das Original nach Prag auszuleihen.“Warum hat sich die deutsche Seite so schwer getan? Sebastian Gerhardt:
„Schwer getan hat sie sich vor allem aus konservatorischen Gründen, weil eben Originale von Verträgen unter archivgerechten Bedingungen – klimatisiert und lichtgeschützt – in einem Tresorraum aufbewahrt werden müssen. Das ist keine politische Sache. Originale von Abkommen auszuleihen ist immer ein großer Schritt, den auch der Archivar in seiner Zuständigkeit über sich bringen muss. Und dieses Abkommen reist ja zum ersten Mal ins Ausland. Es ist aber ein Schritt, der beweisen soll, dass wir auch der Auffassung sind, dass in solchem Fall ein überragendes Interesse eines wichtigen Partners vorliegt.“
Oder anders gesagt: Die guten tschechisch-deutschen Beziehungen haben es möglich gemacht. Zuvor wurde das Original im vergangenen Jahr bereits bei der bayerisch-böhmischen Landesausstellung in Zwiesel gezeigt. Doch in Prag gehen die Pläne noch weiter: Neben dem Original aus Berlin sollen auch die weiteren Ausfertigungen des Münchner Abkommens aus London, Rom und Paris in der Ausstellung gezeigt werden. Mit London ist man schon fast handelseinig, Rom tut sich schwer und in Paris hieß es, das Dokument sei unauffindbar. Fachleute vermuten, es ist im Zweiten Weltkrieg verschwunden.