Jan Masaryks Widerstandsrede aus London

Jan Masaryk

Er war der Sohn des ersten tschechoslowakischen Präsidenten Tomáš Garrigue Masaryk – aber er war auch mehr als das: Jan Masaryk war erst tschechoslowakischer Botschafter in London und später auch Außenminister. Im Jahr 1939 eröffnet er von London aus die Rundfunksendungen in tschechischer Sprache, eine Widerstandserklärung gegen die Nazis – in unserem Tonarchiv sind Aufnahmen davon erhalten geblieben.

„Ich habe die unverdiente Ehre, zu der täglichen Rundfunksendung in tschechischer Sprache aus England den Auftakt zu machen. Dem ruhmreichen und teuren tschechoslowakischen Volk einen Gruß, Liebe und unerschütterliches Vertrauen im Namen aller Exiltschechoslowaken. Durch Edvard Beneš haben wir verlauten lassen, dass wir uns mit Nazideutschland, Hitler und seiner Meute im Krieg befinden. Die Stunde der Vergeltung steht bevor.“

Mit diesen Worten von Jan Masaryk beginnt am 8. September 1939 die erste Rundfunksendung auf Tschechisch aus London. Im März des Jahres hatten die Nazis die Tschechoslowakei überfallen, deren Londoner Botschafter Masaryk lange Jahre gewesen war. Das Reichsprotektorat Böhmen und Mähren wurde errichtet, die Tschechoslowakei gab es nicht mehr. Unter den Exilanten machte sich Widerstand breit, und der Rundfunk war ein geeignetes Medium, diesen Protest auch in die alte Heimat zu transportieren.

„Das Maß der Geduld der westlichen Demokratien ist voll und der Ausrottungskampf der Nazis hat begonnen. Unser Plan ist eine freie Tschechoslowakei in einem freien Europa. Um das zu erreichen sind wir entschlossen, alles zu opfern. Es wird der Tag kommen, an dem der Nazismus und alle unsere Unterdrücker von der Erdoberfläche verschwinden. Schon heute ruft sie das tschechoslowakische Volk vor das Gottesgericht. Mit dem Namen, den ich trage, verkünde ich Euch allen feierlich, dass wir den Kampf gewinnen werden und die Wahrheit siegen wird. Ich bin Euch unendlich dankbar, dass Ihr das Grab meines Vaters auf dem Lány-Friedhof behütet.“

Dies sollte nicht Jan Masaryks letzte Rede im Rundfunk bleiben. Er arbeitete später eng mit der BBC zusammen und sprach vor allem in England und den USA über die Gefahren des Nationalsozialismus und über die internationale Stellung der Tschechoslowakei während des Krieges. Masaryk ermunterte seine daheim gebliebenen Landsleute, sprach ihnen Mut zu:

„Hört täglich den Londoner Rundfunk, Ihr bekommt wahre und objektive Nachrichten. Ich weiß, dass Ihr vereint seid und dass Ihr die Qualen, die Euch von dem verbrecherischen Eindringling zugefügt werden, ruhmvoll überleben werdet. Wir sind stolz, wenn wir von Eurer Einigkeit und Eurem stummen Widerstand hören. Auch wir, die wir jenseits der Grenze sind, gehen gemeinsam mit Euch auf das Ziel zu, über das wir keine Kompromisse machen werden. Das Problem der Tschechoslowakei ist auch ein Problem Europas, und deshalb, Ihr teuren Tschechoslowaken: Seid versichert, dass das Zepter eurer Regierung wieder in Eure Hände zurückkehrt. Servus und auf ein Wiedersehen in Prag!“

Im Jahr 1940 gründete Edvard Beneš eine tschechoslowakische Exilregierung in London, die auch von den Alliierten anerkannt wurde. Jan Masaryk wurde ihr Außenminister. Dieses Amt behielt er auch nach Kriegsende und unter der Regierung der Kommunisten, was ihm von vielen seiner Wegbegleiter verübelt wurde. Er starb 1948 unter mysteriösen Umständen: Man fand ihn tot unter dem Fenster seiner Wohnung. Bis heute ist nicht geklärt, ob es sich um Selbstmord oder doch um einen Mord gehandelt hat.