ENEF: Aus Prag wird stärkere Nutzung von Kernenergie in europäischem Energiemix gefordert

Premier Mirek Topolánek mit José Barroso (Foto: ČTK)

Am Donnerstag und Freitag fand in Prag die zweite Tagung des Europäischen Kernenergieforums (ENEF) statt. Das vom Europäischen Rat im März 2007 gebilligte Forum setzt sich für eine offene und transparente Debatte über die Kernenergie ein.

Industrie- und Handelsminister Martin Říman
Eine Turbine fährt hoch, denn wir brauchen Energie. Viel Energie. Und zwar in zehn, zwanzig Jahren weit mehr als heute, meint der tschechische Minister für Industrie und Handel, Martin Říman:

„Dort, wo das Lebensniveau steigt, dort steigt auch der Energieverbrauch. Das ist ein Fakt, der nahezu 100-prozentig sicher ist. Bisher ist nicht ein einziger Fall eines Landes bekannt, in dem dies anders ist.“

Soweit die Meinung von Minister Říman. Aber gerade vor diesem Hintergrund wird besonders in den Ländern der Europäischen Union immer wieder darüber diskutiert, wie der Energiemix der Zukunft aussehen soll. Und aus diesem Grund fand in Prag die zweite Tagung des Europäischen Kernenergieforums statt, an der auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso teilgenommen hat. Das Forum dient als Plattform zur Förderung einer umfassenden Debatte über die Chancen und Risiken der Kernenergie, denn „es bedeutet, dass wir die Kernenergie betrachten müssen als ein Mittel zur Erfüllung des großen Ziels, das sich die EU gesetzt hat. Dem Ziel, mit Hilfe der Nutzung von kohlenstoffarmen Energiequellen wie der Kernenergie und den erneuerbaren Energien den Folgen des Klimawandels den Kampf anzusagen“, sagte der tschechische Premierminister Mirek Topolánek auf dem Forum vor Journalisten.

Premier Mirek Topolánek mit José Barroso  (Foto: ČTK)
Zur Erinnerung: Die EU hat sich das Ziel gesetzt, bis 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen um 20 Prozent zu verringern, den Anteil erneuerbarer Energien im Energiemix der gesamten Union auf 20 Prozent zu erhöhen sowie den Energie-Wirkungsgrad auf 20 Prozent zu steigern. Den vier Visegrad-Staaten Tschechien, Polen, Ungarn und Slowakei sowie den drei baltischen Ländern, die auf dem Forum vertreten waren, ist dieses Paket jedoch zu eng geschnürt. Und zwar deshalb, weil sie glauben, dass darin die Kernenergie als „kohlenstoffarme und emissionsfreie Energiequelle“ eine viel zu geringe Rolle spielt.

Foto: Europäische Kommission
„Und deshalb fordern wir auch die Diskussion: Nicht 20-20-20 bis zum Jahr 2020, sondern 30 und 30 bis zum Jahr 2030“, formulierte Topolánek als neues Ziel. Mit anderen Worten: Die Europäische Union sollte sich zum Ziel setzen, im Jahr 2030 insgesamt 60 Prozent der elektrischen Energie kohlenstoffarm herzustellen. Natürlich unter einer stärkeren Einbindung der Kernenergie.

Atomkraftgegner wie der tschechische Umweltminister Martin Bursík warnen jedoch vor den Gefahren, die dieser Energieform nach wie vor anhaften: „Insbesondere nicht gelöst sind bisher der Abschluss des Verbrennungszyklus und die Lagerung der abgebrannten Brennstäbe.“

Atomkraftgegner wie die Umweltorganisation Greenpeace wiederum behaupten, dass das Forum nur dazu diene, der Atomlobby in Europa mehr Einfluss zu verschaffen. EU-Kommissionspräsident Barroso indes verkündete, das ein Paket mit Vorschlägen zur umweltfreundlichen Nutzung der Kernenergie durchaus ein Thema ist, das während der EU-Ratspräsidentschaft Tschechiens im ersten Halbjahr 2009 in Brüssel verhandelt und womöglich auch gebilligt werden könnte.