Tschechische Justiz nimmt „Langstrecken-Reform“ in Angriff

Justizminister Jiri Pospisil (Foto: CTK)

Viele Neuigkeiten sollen in absehbarer Zeit auf das tschechische Justizwesen zukommen. Man spricht sogar von einer Justizreform. Über die Prioritäten der Koalitionsregierung in diesem Bereich sowie über die Schwerpunkte der einzuführenden Änderungen haben am Montag Premier Mirek Topolanek und Justizminister Jiri Pospisil vor Journalisten informiert.

Premier Mirek Topolanek  (Mitte) mit Jiri Pospisil  (rechts) und Daniel Lipsic  (Foto: CTK)
Schnell, effektiv und transparent soll künftig die tschechische Justiz sein. Die Reform, die das bewirken soll, basiert dabei auf drei Hauptsäulen: Elektronisierung der Gerichtsagenda, leichtere Erreichbarkeit der Gerichte für die Bürger und Beschleunigung der Gerichtsverfahren. Alle drei Maßnahmen hängen auf den ersten Blick eng zusammen und sollen Schritt für Schritt in die Praxis umgesetzt werden.

Ein erster kleiner, aber nicht unbedeutender Schritt wurde bereits im Sommer dieses Jahres getan, als die elektronische Annahmestelle für Anträge in Betrieb genommen wurde. Für dieses Projekt hat die tschechische Regierung 475 Millionen Kronen, rund 16 Millionen Euro, bereitgestellt. Im Zuge der Reform sind weitere Investitionen in Höhe von etwa 615 Millionen Kronen pro Jahr vorgesehen. Daher hat Justizminister Jiri Pospisil am Montag bereits versprochen:

„Der Bürger wird sich von jedem beliebigen Ort aus mit einem Gericht in Verbindung setzen können. Wenn der gesamte Prozess beendet ist, wird es einfach sein, Zugang zu einem Gericht zu finden.“

Justizminister Jiri Pospisil  (Foto: CTK)
Zu einer effizienteren Arbeit der Gerichte sollen auch so genannte „Miniteams“ beitragen. Ihnen werden neben dem zuständigen Richter auch sein Assistent, ein höherer Gerichtsbeamter und eine Protokollantin angehören. Pospisil betonte jedoch, er rechne nicht mit der Aufstockung der Richterzahl und auch nicht mit einer Budgetaufstockung für sein Ressort. Die Justizexpertin im Schattenkabinett der oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD), die ehemalige Oberste Staatsanwältin Marie Benesova, sieht den geplanten Neuerungen eher skeptisch entgegen. Und so „neu“ sind auch wieder nicht, sagt Benesova:

Jaromir Jirsa
„Ich kann mich noch an die großen Proklamationen darüber erinnern, wie schnell, gut ausgebildet und transparent die Justiz sein soll. Wie die Justiz aber in Wirklichkeit funktioniert, wissen wir heute alle. Schneller ist sie nicht geworden, in der Regel ist sie auch nicht transparent, und der erreichte Bildungsgrad lässt immer noch etwas zu wünschen übrig. Das, was Pospisil verspricht, haben vor ihm schon viele Minister versprochen. Er macht im Prinzip nichts anderes, als alte Ideen aufzufrischen.“

Weitaus positiver bewertet der Präsident der tschechischen Richterunion, Jaromir Jirsa, die Reformpläne.

„Aus meiner Sicht ist als besonders positiv die Tatsache zu werten, dass man es mit der Elektronisierung der Justizagenda offenbar ernst meint. Die Bürger sollen künftig nicht mehr gezwungen sein, über das halbe Land hinweg zu einem Gericht fahren zu müssen. Mit einem Gericht sollen sie via Internet und demzufolge schneller kommunizieren können. Auch eine Gerichtsentscheidung werden sie so in kürzerer Frist als bisher in schriftlicher Form erhalten können.“

Im Rahmen der Justizreform wird aber auch mit einer ganzen Reihe von Gesetzesänderungen gerechnet. Als Höhepunkt der Reform gilt die elektronische Form der Gerichtsakten, die zwischen 2008 du 2010 eingeführt werden soll. Die Debatte über das Reformkonzept geht aber weiter. Seine Umsetzung, in welchem Umfang auch immer, kann man ganz gewiss mit einem Langstreckenlauf vergleichen.