Staatspreisverleihung 2007: Milan Kundera kam auch diesmal nicht nach Prag
Bei einer feierlichen Zeremonie wurde am Donnerstag der tschechische Staatspreis für Literatur und Übersetzung verliehen. Für die erste Herausgabe seines Romans "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" in Tschechien wurde Milan Kundera mit dem Preis geehrt.
Der bekannteste und meistgelesene Schriftsteller tschechischer Herkunft, Milan Kundera, ist nicht persönlich nach Prag gekommen. Seine Absenz hat er durch gesundheitliche Gründe entschuldigt. In Wirklichkeit hat allerdings kaum jemand in Prag sein Kommen erwartet. Schließlich hat der gebürtige Brünner erst im Vorjahr genehmigt, seinen bereits 1985 in Frankreich veröffentlichen Roman " Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" nun auch in Tschechien herauszugeben. Einige seiner auf Französisch verfassten Werke warten immer noch auf eine Übersetzung. Kunderas "Rückkehr" in sein Heimatland, natürlich nur mittels seiner Werke, geschieht nur zögerlich.
Wer aber die Aufzeichnung seiner telefonischen Danksagung hörte, die Kundera anlässlich der Preisverleihung nach Prag schickte, konnte ein paar Minuten glauben, einen durchaus tschechischen Autor zu hören. Einleitend sprach er von einem Zufall, dass sich an dem Tag ereignete, als er über die Bekanntgabe seiner Preisverleihung in Prag erfahren hat:
"Via Post habe ich DVDs mit Filmen von Jiri Menzel bekommen, um die ich ihn gebeten hatte - zwei Streifen nach Büchern von Jan Vancura und einige nach Bohumil Hrabal. Die Filme haben mich erneut bezaubert und in mir erneut die wunderbare freiheitliche Atmosphäre der tschechischen 60er Jahre, in der ihre Wurzeln liegen, hervorgerufen. Ich hatte das Gefühl, dass sie mir den verdeckten Sinn jener Jahre beleuchten. Von Vancura der 20er und 30er Jahre bis zu Hrabal ist es ein großer Zeitbogen der tschechischen Moderne, deren Kontinuität immer wieder unterbrochen, dann in den 60er Jahren wieder aufgelebt und fortgesetzt wurde und immer noch wird."
Die erwähnten Filme haben Milan Kundera aber noch etwas anderes in die Erinnerung gerufen: die Gesichter alter Freunde. Darunter auch die des bereits verstorbenen legendären tschechischen Regisseurs Evald Schorm:
"Evald hatte die Idee und den Mut, seinen Namen unter mein Stück "Jacques und sein Herr" zu setzen. Das Stück wurde in demselben Jahr, als ich für immer nach Frankreich ging, erstmals in der Tschechoslowakei aufgeführt. Gespielt wurde es bis zum Ende der russischen Okkupation und gab mir dadurch die Illusion, dass ich in meinem Heimatland immer noch anwesend bin. Vielleicht habe ich deshalb oft das Gefühl, dass mir dieses Stück von alle dem, was ich je geschrieben habe, am liebsten ist."
Den Staatspreis hat Kundera allerdings für seinen Roman "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" erhalten. Dieser erschien aber schon früher, im Exilverlag "´68 Publishers", den 1971 die Gattin des tschechischen Schriftstellers Josef Skvorecky, Zdena Salivarova, im kanadischen Toronto gegründet hatte und der über 20 Jahre lang die Werke verbotener tschechischer Autoren publizierte.
Kundera bedankte sich abschließend bei ihr als einer der Persönlichkeiten, die -Zitat : " sich der schlimmsten Verdammung der tschechischen Kulturgeschichte bewusst waren, nämlich der unentwegten Zerstörung ihrer geistigen Kontinuität."