Der 500-Schilling-Mann - Erfinder Josef Ressel aus Chrudim

Josef Ressel

Es war die Zeit der Dampfmaschinen und der Tüftler und Bastler. Mitten in diese Zeit hinein wurde Josef Ressel als Sohn eines deutschen Vaters und einer tschechischen Mutter geboren - heute gilt er als Erfinder der Schiffsschraube, allerdings wohl zu Unrecht. An ihn erinnern wir, weil Ressel vor 150 Jahren starb.

Josef Ressel
64 Jahre wurde Josef Ressel alt und mehr als zwei Drittel seines Lebens beschäftigte er sich mit Erfindungen. Dabei tat er sich als Ingenieur hervor, neben den Experimenten mit dem Schiffsantrieb entwarf er beispielsweise ein Lager ohne Reibung und Schmiere - den Vorläufer des Kugellagers. Zudem war er als Chemiker begabt. So entwickelte er auch eine neuartige Methode zur Seifenherstellung. Aber das war nicht alles. Obwohl Ressel in seiner Berufskarriere nie hoch hinauskam, war er ein Kosmopolit, der sich überall in der damaligen Habsburger Monarchie gut verständigen konnte, nicht nur auf Deutsch und Tschechisch:

"Über ihn wird sogar geschrieben, dass er zudem Italienisch, Kroatisch und Slowenisch sprach. Er konnte einfach viele Sprachen", sagt Milena Burdychova, die Leiterin des Regionalmuseums in Ressels Geburtsort Chrudim.

Chrudim liegt in Ostböhmen. Josef Ressel wird hier im Jahr 1793 als Sohn eines Steuerbeamten geboren. Das Gymnasium besucht er in Linz.

"Danach studiert er in Wien an der Universität, wechselt dann aber auf die Forstakademie. Ab 1817 war Ressel schließlich als Forstbeamter in den südlichen Regionen der Habsburger Monarchie angestellt", erzählt Jaroslav Folta, Leiter der Abteilung für Technikgeschichte beim Tschechischen Technikmuseum in Prag.

Die Karriere als Forstbeamter schlägt Ressel deswegen ein, weil er die hohen Studiengelder in Wien nicht mehr zahlen kann, nachdem sein Vater bei einem Börsenkrach sein Vermögen verliert.

Doch als Forstbeamter greift Ressel auch seine früheren Studienfächer wieder auf, die unter anderem lauteten: allgemeine Technologie, Chemie, Naturgeschichte, Mechanik, Hydraulik und Zivilarchitektur. 1821 wird er zum "kaiserlich-königlichen Marineforstintendanten der küstenländischen Domäneninspektion" ernannt. Er ist nun meist in Triest beschäftigt.

Ressels Schiffsschraube
Triest war nach dem Wiener Kongress unter österreichische Herrschaft geraten, wodurch die Habsburgermonarchie Zugang zum Mittelmeer bekam. Man begann eine eigene Flotte aufzubauen. In diese Situation hinein beginnt Josef Ressel mit seinen Experimenten am Schiffsantrieb, und das zunächst auf dem Fluss.

"Die ersten Versuche auf diesem Gebiet waren mit einem Schiff, das durch ein Mühlenrad entgegen dem Strom bewegt wird. Dieser Gedanke konnte auch wirklich realisiert werden. Doch war dieser Antrieb sehr schwierig, weil ein Flussboden ja nicht glatt ist",

erläutert Jaroslav Folta vom Technikmuseum. Josef Ressel versucht es nun mit dem Prinzip der archimedischen Schraube. Er kauft eine abgetakelte Bark von zwei italienischen Kaufleuten und lässt bei einem Mechaniker eine Schiffsschraube von einem halben Meter Durchmesser fertigen. Per Hand über eine Kurbel angetrieben tut die Schraube auch ihren Dienst und Ressel kann seine Erfindung als Patent in Österreich anmelden. Doch er ist noch nicht zufrieden und setzt seine Forschung auf dem Gebiet des Schiffsantriebs fort. Nun wagt er das Experiment mit einer Dampfmaschine.

Die erste Probefahrt des Dampfers Civetta am 1. Juli 1829 verläuft bei einer Geschwindigkeit von sechs Knoten zunächst erfolgreich. Dann stoppt aber der Bruch eines Dampfrohrs das Experiment. Ressel wird darauf von der Polizei verboten, die Maschine zu reparieren. Er zieht vors Gericht, doch außer hohen Prozesskosten bringt ihm dies nichts ein.

"Aber die ganze Vorrichtung von Ressel war durchaus richtig. Er hatte zwar keine weiteren finanziellen Mittel mehr und setzte seine Versuche nicht fort. Doch seine Versuche und Abbildungen sind auf verschiedenen Wegen nach Frankreich und dann nach England gelangt. Dort waren die Leute mit den entsprechenden Finanzmitteln, die die Erfindung verbessert haben. Was zudem von Bedeutung war: Die Dampfmaschinen dort waren leichter und schneller bewegt. Mit diesen wurden dann die ersten Dampfer gebaut", so Folta.

Natürlich wusste Josef Ressel von dem Erfolg seiner Schiffsschraube in Westeuropa. Mehrfach versuchte er, sein Recht auf die Erfindung anzumelden. Doch alle Versuche schlugen fehl. Enttäuscht zog sich Ressel in seinen letzten Lebensjahren zurück. Am 9. Oktober 1857 starb er bei einer Dienstreise nach Laibach am Typhus. Es geschah in Armut und ohne Anerkennung, wie Milena Burdychova vom Regionalmuseum in Chrudim zu berichten weiß:

"Er hatte nur das Gehalt als Forstintendant, was nicht viel war, angesichts seiner vielköpfigen Familie. Selbst schaffte er es nicht, seine Erfindungen zu verkaufen. Er steckte viel Energie, Zeit und wohl auch finanzielle Mittel in seine Forschungen, doch ohne daraus jemals Profit zu schlagen. Auch kann man nicht sagen, dass er wirklich die Schiffsschraube erfunden hat. Er nutzte ja eine Erfindung aus dem alten Griechenland, die archimedische Spirale. Zudem gab es mehrere Leute, die versuchten, die Schraube am Schiff zu platzieren."

So zum Beispiel der Engländer Francis Petitt Smith. Noch vor ihm brachte aber John Ericsson die Entwicklung der Schiffsschraube zur Perfektion. 1839 stach der schwedische Ingenieur sogar erfolgreich zur ersten Atlantiküberquerung in See, die Fahrt dauerte 40 Tage. Erst posthum wurde Josef Ressel geehrt, aber das schon recht bald nach seinem Tod. 1863 wurde ihm in Wien ein Standbild errichtet. Auf dem wird er als Österreicher bezeichnet.

"Das führte zu einem Problem. Denn ursprünglich hätte die Inschrift an der Statue Ressel auch als gebürtigen Böhmen ausweisen sollen. Das wurde aber ausgeschlagen. Die Delegation aus Chrudim, die der Enthüllung des Denkmals beiwohnte, fühlte sich dadurch gekränkt", so Milena Burdychova.

Heute gibt es den Streit nicht mehr. 1924 wurde in Chrudim auch das erste Standbild zu Ressels Ehren auf tschechischem Boden eingeweiht. Und der 150. Todestag des Tüftlers, der im Übrigen auch noch die Rohrpost erfand, wird eben an allen Orten begangen, an denen Josef Ressel damals lebte: in Wien, in Lubljana, in Rijeka und eben auch in seiner ostböhmischen Heimatstadt. Die Österreicher trugen ihren Josef Ressel sogar lange Jahre in den Geldbeuteln. Sein Konterfei war auf den 500-Schilling-Noten gedruckt.