Libena Rochova - Modedesignerin, die Konfektionskleider trägt
"Kleider machen Leute", sagt man und aus der Logik der Behauptung ergibt sich, dass auch die Leute, die Kleider machen, wichtig sind. Zumindest diejenigen, die in der internationalen Modeentwicklung den Ton angeben. Zwar ist nur den wenigsten gelungen, den Olympus der Haut Couture zu erklimmen, sich aber überhaupt im harten Konkurrenzkampf der Modewelt durchzusetzen, ist nicht jedem Modeschöpfer beschieden.
Sie spüre einen großen Arbeitsdrang, sagt Libena Rochova, 56 Jahre, Modedesignerin, bildende Künstlerin und Mutter von zwei Kindern. Lyon, Düsseldorf, Wien, Madrid, Paris, Los Angeles oder New York - das sind nur einige Stationen, wo sie in letzter Zeit beruflich weilte. Hierzulande kreiert sie Modelle für Promis, veranstaltet Ausstellungen, arbeitet als Hochschulpädagogin und leitet auch ein Studio junger bildender Künstler. Seit zwanzig Jahren pendelt sie zwischen Prag und Brno, wo ihre Familie lebt. Den Anteil der Arbeit an ihrem Leben schätzt sie auf ganze 80 Prozent.
Mit Libena Rochova kann man über vieles sprechen, über modische Farben im diesjährigen Sommer allerdings nicht. Diese Spielchen mache sie nicht mit, sagt sie im typisch sanften Tonfall und erläutert:
"Ich halte mich natürlich auf dem Laufenden, weil ich immer wieder nach Modetrends und Tendenzen gefragt werde. Gleichzeitig muss ich aber sagen, dass ich dafür wenig Verständnis habe. Ich denke schon, dass sich die Frauen kultiviert und geschmackvoll kleiden sollen, doch als Opfer der Modetrends zu leben, das ist einfach Nonsens pur."
Beim Thema Farben bleiben wir aber doch. Libena Rochova ist dadurch bekannt, dass sie meistens ganz in Schwarz gekleidet ist. Warum eigentlich? Sie lächelt:
"Schwarze Kleider trage ich schon seit vielen Jahren, seit einer Zeit, als schwarz eigentlich noch keine Modefarbe war. Für Modenschauen kreiere ich jedoch farbige Modelle. Den Schwerpunkt meiner Arbeit sehe ich überhaupt nicht in meiner eigenen Garderobe, sondern in den Kleiderkreationen für andere Frauen. Ich habe keine Zeit, Farbenkombinationen für mich selbst auszudenken. In meinem Schrank habe ich ein paar schwarze Kleidungsstücke, die sich leicht kombinieren lassen. Da kann man keinen Fehler bei der Farbkombination machen."
Die Farben sind für Libena Rochova aber trotzdem wichtig. Sie sucht sie gerne dort, wo man sie auf den ersten Blick vielleicht gar nicht sehen kann, nämlich im Inneren der Menschen. Sie reist gerne durch die Welt und liebt es, mit Menschen zusammen zu kommen, die viel erlebt haben. Misserfolg, erlebte Tragödien sowie die Leistung im Leben und in der Arbeit spiegeln sich ihrer Meinung nach in den Gesichtern vieler Menschen. Für sie sind es "innerlich bunte" Menschen. Etwas verrät natürlich auch die Kleidung der Menschen. Was sieht also die tschechische Modedesignerin zum Beispiel hierzulande?
"Beim Bummeln durch die Stadt habe ich das Gefühl, dass tschechische Frauen - nicht alle, natürlich gibt es Ausnahmen - enorm vom Kleiderangebot der großen Bekleidungshandelsketten beeinflusst werden. Immer wieder sehe ich, wie es schon früher üblich war, eine uniformierte Frauenarmada und ich möchte lieber mehr Sinn für Kreativität sehen."
"Alles hängt mit allem zusammen. Es gilt nicht nur für den Kleidungsstil, sondern auch für das Benehmen und den Umgang mit anderen Menschen. Durch das, was hierzulande war, ich meine den Kommunismus, haben wir das Rückgrat verloren. Es mangelt uns an Mut, offen zu sprechen, indem wir Tatsachen lieber in Worten verschlüsseln. Dabei ist es so wichtig, ein Fairplay zu spielen. Diese Eigenschaften finden auch in unserem Bekleidungsstil ihren Ausdruck, als ob wir innerlich immer noch Angst hätten und uns das fehlte, was jeder Mensch braucht, nämlich das Selbstbewusstsein."
Über ihre Landsleute spricht Rochova eher kritisch. Vor allem wirft sie ihnen wenig Mut und mangelnden persönlichen Touch vor. Wie machen sich also diese Eigenschaften im Kleidungsstil der Tschechen bemerkbar?
Photo: www.lr-style.com |
Gilt dasselbe auch für die Generation junger Tschechen?
"Für die nicht, Gott sei dank! Junge Menschen können jetzt reisen und vieles erfahren. Auf der anderen Seite tut mir aber leid, dass einige nicht wissen wollen, was wir hierzulande erlebt haben, und sind nicht bereit, sich mit kommunistischen Ansichten zu identifizieren. Das ist für mich ein Wahnsinn, denn auch sie sollten im Bilde sein, was einst in diesem Land geschehen war."
Libena Rochova hat mal in einem Interview über sich gesagt, dass sie immer an der Grenze zwischen der Modebranche und der bildenden Kunst gelebt habe. Dazu jetzt ihre Erläuterung:
"Man muss seine Brötchen verdienen und dazu brauche ich die Klientel. Außerdem habe ich auch Konfektionskleider entworfen und muss sagen, dass mir diese Arbeit keinen Spaß machte. Nachdem ich mehrmals die Modemesse in Düsseldorf besucht hatte, wo es fünfzehn große Hallen gab, voll gestopft mit Kleidern, fragte ich mich wiederholt, warum man zwei Mal pro Jahr die Welt mit so vielen Klamotten überschütten muss. Ich habe beschlossen, da nicht mehr mitzumachen."
Ein großes Erlebnis hingegen war für sie die Ausstellung ihrer Kleidermodelle in New York, die vor kurzem stattfand. Dieselbe Exposition mit ihren Papierkleidern war auch im Prager Museum Kampa zu sehen:
"Ich war glücklich, denn es war für mich eine große Ehre. Zu sehen gab es dort aber nicht nur Kleider aus Papier, sondern auch normale Kleider. Ich wage es zu sagen, dass sie tragbar waren. Einen Teil der Ausstellung bildeten auch Objekte aus Metall und Glas. Für diese Ausstellung ließ ich mich auch von einigen Bildern und Statuen im Kampa Museum inspirieren. Meine Modellkleider versuchte ich dann in einen Dialog mit ihnen einzubeziehen."
Dass Rochova ihre Spuren in der Modewelt hinterlassen wird, steht fest. Ihre Kleidermodelle findet man schon jetzt in einigen Museen wie zum Beispiel im Kunstgewerbemuseum in Prag und Brno, oder in Mussee de Tissus in Lyon. Für sich selbst, wie sie sagt, habe sie keine Zeit, Kleider zu entwerfen und kauft sie lieber fertig in einem Geschäft. Derzeit entspannt sie, wie jedes Jahr, gemeinsam mit ihrer Familie mitten in der Natur, ohne Handy, fern von der Modewelt. Gleich nach der Sommerpause will sie sich aber wieder ans Werk machen: Im kommenden Jahr steht eine Ausstellung ihrer Werke in Los Angeles an.