Eurobarometer: Tschechen sehen die EU positiv und kritisch zugleich
Zweimal im Jahr wirft die Europäische Kommission einen tiefen Blick in die Seelen ihrer 493 Millionen Bürger. Heraus kommt dann das so genannte Eurobarometer. Und das gibt auch die europäische Befindlichkeit der Tschechinnen und Tschechen wieder.
"Das Bild der EU ist vergleichsweise positiv. Die Union wird als Institution gesehen, der man hierzulande vertrauen kann. Das tun 61 Prozent der Bürger Tschechiens. Mit der Europäischen Union sind überwiegend positive Attribute verbunden. Nur wenige Leute halten sie für technokratisch und nur wenige für leistungsschwach."
Anhand dieser Aussage glaubt man das Land gar nicht wieder zu erkennen. Im Juni musste die deutsche Ratspräsidentin Angela Merkel noch alle Anstrengung unternehmen, um Premier Mirek Topolanek von seiner Blockadehaltung im Vorfeld des EU-Gipfels abzubringen. Und Staatspräsident Vaclav Klaus sucht derzeit in Warschau erneut den Schulterschluss mit seinem polnischen Amtskollegen Lech Kaczynski, der als einer der größten Querulanten in der Union gilt. Anders als ihr Staatsoberhaupt spricht sich aber eine Mehrheit der Tschechen laut dem Eurobarometer sogar für eine europäische Verfassung aus; 55 Prozent sagen das. Ein interessantes Ergebnis, auch wenn es immer noch weniger sind als im EU-Schnitt, der bei 66 Prozent liegt.
Warum aber geht zugleich die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft zurück. Wissen die Tschechen etwa nicht, was sie wollen? Die Soziologen sagen: im Gegenteil. Die EU-Mitgliedschaft wird gemäß ihrer praktischen Ergebnisse beurteilt, und die bestehen eben auch aus Einschränkungen. Zugleich vertrauen die Tschechen darauf, dass Brüssel in vielen Bereichen mehr erreichen kann als Prag. So wünschen sie sich in der Mehrheit eine gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik, die Einführung des Euro in ihrem Land und vor allem noch eine weitere Sache, wie Jan Herzmann erläutert:"Die größte Überraschung ist: Neun von zehn Tschechen wollen, dass die Europäische Union eine Richtlinie verabschiedet, die den Ausstoß von Treibhausgasen begrenzt."
Wenig überraschend hingegen die Reaktion von Staatspräsident Vaclav Klaus, der in seinem neuesten Buch den Sinn des Klimaschutzes rundweg leugnet. So sagte er während des Besuchs in Polen über seine Landsleute:
"Ich würde dieses Ergebnis der Umfrage eher als Aufruf zum Nachdenken an all die verwirrten Leute verstehen, ob sie sich nicht viel eher von der Propaganda verdummen lassen."
Was die Tschechen wiederum über Klaus´ Aussage denken, dürfte allerdings schwierig herauszufinden sein. Dazu bräuchte es vielleicht ein differenziertes tschechisches "Politbarometer".