Drei deutschsprachige Ehrengastländer auf der Prag Buchmesse Svet knihy

Genau vor einer Woche hat die 13. Internationale Buchmesse in Prag ihre Tore geschlossen. Hinter den Kulissen werden schon Pläne für den kommenden Jahrgang von Svet knihy / Buchwelt geschmiedet. Wir wollen heute aber noch einmal einen Rückblick auf das gerade zu Ende gegangene Literaturfest machen, bei dem Verlage aus 35 Ländern ihr Stelldichein hatten. Im Mittelpunkt der Buchmesse stand diesmal nicht wie üblich nur eines, sondern gleich drei Ehrengastländer: Deutschland, Österreich und die Schweiz. Informationen zu ihrer Präsentation nun von Jitka Mladkova im folgenden Kultursalon.

Foto: CTK
Nicht nur Bücher, sondern auch Deutsch schreibende Autoren waren diesmal aus allen drei Ehrengastländern in Prag angereist. Zum Beispiel Judith Kuckart, Jakob Hein, Karen Duve aus Deutschland, Barbara Frischmuth, Paulus Hochagetterer aus Deutschland und Eleonore Frey aus der Schweiz. Sie und ihre Kollegen aus der Branche stellten sich im Rahmen des Begleitprogramms mit dem Namen "Das Buch" vor. Sie lasen aus ihren Werken und diskutierten mit Messebesuchern. Über die deutschsprachige Literatur als Schwerpunkt der diesjährigen Prager Buchmesse unterhielt ich mich mit ihrer Direktorin Dana Kalinova. Meine erste Frage war: Warum hat es eigentlich so lange gedauert?

"Dieselbe Frage stelle ich mir auch, da für mich in der ganzen Zeit, in der ich die Prager Buchmesse organisiere, die Frankfurter Buchmesse sowie die Leipziger Buchmesse die größten Inspirationen waren. Bei diesen Veranstaltungen habe ich meine künftigen Partner und verschiedene Kontakte gefunden. Bei diesen Treffen habe ich vieles gelernt. Für uns war es immer eine wunderbare Zusammenarbeit. Daher war es die ganze Zeit auch mein Wunsch, dass Deutschland zum Gastland der Prager Buchmesse wird. Es gab aber immer irgendeinen Grund, warum es nicht gelang, die deutsche Buchproduktion zum Schwerpunkt der Messe zu machen."

Immerhin, bei dem 13. Jahrgang ist es gelungen, die Literatur des gesamten deutschen Sprachraums in den Mittelpunkt der Prager Buchwelt zu stellen. Durch die Veranstaltung einer Gemeinschaftspräsentation sei es möglich gewesen, so Kalinova, Finanzmittel zu sparen und auch die Vorbereitungen der beteiligten drei Länder Deutschland, Österreich und der Schweiz zu koordinieren:

"Es war eine schöne Idee. Ich glaube, das literarische Programm "Das Buch" ist gerade auch dadurch schön, dass es aus Buchproduktionen aller drei Länder zusammengestellt wurde. Diese Länder verfügen über hoch entwickelte Büchermärkte, deren Knowhow auch tschechische Verleger kennen lernen sollten."

Es zeige sich, dass es kein schlechtes Modell sei, meint Frau Kalinova. Sie räumt ein, dass es auch künftig zur Geltung kommen könnte. Für die Prager Buchmesse 2008 soll Spanien im Mittelpunkt stehen, und so bietet sich die Gelegenheit, den Focus bei der Vorstellung der Spanisch geschriebenen Literatur auf den gesamten iberoamerikanischen Raum zu richten.

Frau Kalinova spricht beinahe bei jeder Gelegenheit über die langjährige gute Zusammenarbeit mit der Frankfurter Buchmesse. Begonnen hat sie gerade zu dem Zeitpunkt, als über eine neue Organisierung der Prager Buchmesse entschieden wurde. Das war 1994:

"Der damalige Direktor der Frankfurter Buchmesse, Peter Waidhas, hat die Idee unterstützt, wonach der Veranstalter einer Buchmesse in Tschechien der Verband tschechischer Buchhändler und Verleger sein sollte. Bis dahin wurde nämlich die Buchmesse in Prag von einer ausländischen Firma organisiert, und die stand dem hiesigen Buchmarkt nicht so nahe. Sie konnte sich nicht so gut in diesem Bereich orientieren. Peter Waidhas hat sich also in diesem Sinne engagiert und hat den Start der Prager Buchmesse auch unter dem neuen Titel "Svet knihy" ermöglicht."

Es ging in erster Linie um die Unterstützung auf dem internationalen Forum:

".. und das war unheimlich wichtig. Dass sich Frankfurt hinter den tschechischen Veranstalter stellte, bedeutete für uns sehr viel auf dem internationalen Forum. Wir haben sofort das Vertrauen vieler Partner gewonnen, und auch ihr Interesse, an unserer Buchmesse teilzunehmen. Das hat uns enorm geholfen."

Die Deutsche Buchproduktion war schon bei den vorausgegangenen Messejahrgängen in Prag präsent, wie Kalinova bestätigt. Paradoxerweise verfolgt sie eine Entwicklung, die sich durch einen Schrumpfprozess auszeichnet:

"Deutschland gehört zu den traditionellen Teilnehmern. Es stellte in der Regel umfangreiche Präsentationen. Die sind in letzter Zeit etwas kleiner geworden. Ja, auch Buchmessen erleben ihre Booms, Schwankungen oder Niederlagen. Gespart wird überall."

Kalinova zufolge orientiert sich das Interesse großer Länder Europas aktuell mehr auf Lateinamerika und Asien. Auf große Buchmärkte also, die ihrer Meinung nach offenbar größeren Absatz versprechen. Auch die Prager Buchmesse stellt sich jedes Jahr auf den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig vor. Aufgrund gemachter Erfahrungen spricht Dana Kalinova über deutsche Leser nur in Superlativen:

"Deutsche Leser sind phantastische Leser. Manchmal wünsche ich mir, deutsche Leser hierzulande zu haben. Wenn man sich bei Lesungen junger Autoren zum Beispiel in Leipzig umschaut, so sieht man junge Leute, die den tschechischen Autor nicht kennen und trotzdem mit großer Aufmerksamkeit zuhören. Das ist phantastisch."

Gute Beziehungen zur Frankfurter Buchmesse fanden auch darin ihren Ausdruck, dass sich der Riese unter den Buchmessen der Aufgabe angenommen hatte, die deutsch-österreichisch-schweizerische Gemeinschaftspräsentation in Prag vorzubereiten. Über den Standort Tschechien sagte uns die Leiterin der internationalen Abteilung bei der Frankfurter Buchmesse, Claudia Kaiser, folgendes:

"Also für uns ist Tschechien sehr wichtig. Es gibt da immer einen großen Gemeinsaftsstand auf der Frankfurter Buchmesse. Wir hoffen auch, dass sich Tschechien eines Tages entschließen kann, auch einmal Gastland der Frankfurter Buchmesse zu werden."

Es ist nicht allgemein bekannt, dass Tschechien gerade als ökonomischer Partner auf dem Buchmarkt nicht zu übersehen ist:

"Tschechien ist das Land, das neben anderen (Ländern) am meisten deutsche Lizenzen kauft, also Übersetzungen von überwiegend deutschen Romanen und Prosawerken. Und umgekehrt ist es natürlich auch so, dass fast alle tschechischen Autoren ins Deutsche übersetzt werden. Von daher kann man sagen, dass es eine gute Resonanz gibt. Da wir wissen, dass sich die Menschen in Deutschland auch für Tschechien, für seine Geschichte und Literatur interessieren, wäre es natürlich schön, wenn man es in einem noch größeren Maße machen könnte."

Weniger optimistisch äußerte sich Alexander Potyka, Präsident des Hauptverbandes des österreichischen Buchhandels. Als Verleger des Picus-Verlags in Wien kennt er die Probleme seines Metiers aus nächster Nähe. Schließlich bedeutet, wie er sagt, jede Kunst auch Ökonomie.

"Das Verlagswesen ist die Quadratur des Kreises. Es ist die kulturelle Produktion unter den ganz bestimmten Rahmenbedingungen, aber es ist auch ein sehr schwieriges spekulatives Gewerbe, wo es um Geld geht und wo man am Ende auch seine Rechnung zahlen muss."

Auch Hern Potyka fragte ich nach dem Stellenwert der tschechischen Buchproduktion auf dem österreichischen Markt. Hier seine Einschätzung:

"Österreich hat eine sehr kleine Verlagslandschaft. Im deutschsprachigen Markt gibt es, würde ich sagen, keine breite Rezeption der tschechischen Literatur aber ein paar Autoren, die recht bemerkenswert vertreten sind. Im Bewusstsein der Menschen ist es wahrscheinlich eher historisch fundiert."

Dass es schwieriger geworden ist, Verlage in die Messestädte zu bringen, bestätigte uns auch Frau Müller-Witte, Managerin der Frankfurter Buchmesse.

"Das war früher anders. Die Verlage waren aktiver und haben sich mehr beteiligt. Inzwischen ist die Kommunikation zwischen den Verlagen der einzelnen Länder so gut, dass sie die Messe oft gar nicht mehr brauchen."

Die Messe als Informationspunkt wird also nicht so sehr von den Professionellen genutzt, sondern eher von einem normalen Publikum, meint Frau Müller-Witte. Läuft da also eine allmähliche Wandlung vom Businessgeschehen zu einem kulturellen Ereignis? Sehr positiv bewertet sie aber die gute Zusammenarbeit mit den Organisatoren der Prager Buchmesse und angeblich noch etwas mehr:

"Diese gute Kooperation hatten wir schon häufig, aber hier hat sie noch einen persönlichen Touch. Man kommt irgendwohin, wo man sich überhaupt nicht fremd fühlt, und das ist natürlich ein gutes Gefühl."